Strompreise runter: Wer wird entlastet, wen treffen die Kürzungen?
Strompreise bestehen aus vielen Bestandteilen – Senkungen sind heikel, treffen mitunter die Falschen. Was ist politisch überhaupt machbar?

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Strompreis runter – das sagen in Deutschland gefühlt seit Monaten alle. Nach der Bundeskanzlerwahl war unisono zu hören: die Senkung der Strompreise – das ist ganz dringend. Ob der Bundeskanzler Friedrich Merz höchstpersönlich oder die DGB-Chefin Yasmin Fahimi. Könnte also gut möglich sein, dass die Bundesregierung sich in diesem Sommer noch dranmacht. Nur: Der Strompreis setzt sich bei Haushalten aus neun, bei kleinen und mittleren Industrieunternehmen aus acht Bestandteilen zusammen.
Bevor man da kürzt, ist es wichtig zu wissen: Wem trete ich dabei auf die Füße? Leiden die Netzbetreiber (Netzentgelte), das Staatssäckel (Mehrwertsteuer), Betreiber von Offshore-Windkraft- oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die Sozialversicherung (Stromsteuer), Kommunen (Konzessionsabgabe) oder die energieintensive Industrie oder Ökoenergien (beides: Umlage für besondere Netznutzer)?
Strompreise sind eine politische Ewigkeitslast
Alles, was an Steuern und Umlagen im Strompreis steckt, sind fiskalische und ordnungspolitische Instrumente. Ein Wunschkonzert, einst aufgesattelt– die Konzessionsabgabe ist z. B. von 1992 – in der Hoffnung: Da ist es gut untergebracht und belastet den Haushalt nicht. Diesen gordischen Knoten wird die Bundesregierung nicht durchschlagen wollen. Aber die Strompreise müssen trotzdem runter. Was also ist möglich?
Für die Industrie machen Steuern und Umlagen mit 2,19 Cent/kWh noch gerade mal 12 % des Gesamtpreises aus (18,31 Cent/kWh, aktuelle BDEW-Strompreisanalyse Mai 2025). Für den großen Wurf bleiben Netzentgelte, Beschaffung und Vertrieb. Am besten wäre ein Industriestrompreis, so kann die Industrie zum Gestehungspreis einkaufen. Doch den muss die EU erlauben. Das weiß auch Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche. Sie sprach Anfang Mai davon, dass das „in Europa ein dickes Brett ist, das wir bohren“.
Der Strompreis für Haushalte ist besonders aufgebläht
Der Haushaltsstrompreis von 39,69 Cent/kWh drittelt sich grob in Beschaffung und Vertrieb (16,04 Cent/kWh), Netzentgelte (10,95 Cent/kWh) sowie Steuern und Umlagen (12,71 Cent/kWh). Die größten Posten sind bei Letzteren zuerst die Mehrwertsteuer (6,34 Cent/kWh), dann folgen mit Abstand Stromsteuer (2,05 Cent/kWh), Konzessionsabgabe (1,67 Cent/kWh) und die Umlage für besondere Netznutzer (1,56 Cent/kWh).
5 Cent/kWh will Bundeskanzler Friedrich Merz zusammenkratzen. Er könnte überall etwas kürzen. Oder er wählt die „große Lösung“ und entlastet den Strompreis bei der Mehrwertsteuer. Wie während der ersten Krisenjahre anlässlich des Ukrainekrieges, als die Energiepreise noch oben schossen.
Möglich auch, dass es die Netzentgelte trifft, die Industrie wie Haushalte gleichermaßen zahlen. Dabei entfaltet der Netzausbau, der sich über die Netzentgelte finanziert, endlich Wirkung. Niedersachsens Energieminister Christian Meyer denkt da in die ähnliche Richtung wie bei der EEG-Umlage. Sie war mal Bestandteil des Strompreises, jetzt kommt sie aus dem Staatssäckel. „Öffentliche Leistungen wie die Stromnetze sollten … auch allgemein durch den Bundeshaushalt finanziert werden, wie Straßen und Schienen auch“, sagte er laut dpa Ende Mai.
Strompreise generell neu regeln, dürfte nicht anstehen
Vielleicht wählt die Regierung auch eine Salamitaktik: erst einmal irgendwo anfangen (Arbeitsnachweis), gekoppelt mit „Kleinvieh macht auch Mist“. Überall ein bisschen halt.
Nur, dass der Strompreis entbürokratisiert wird – im Sinne von „Ausmisten“ –, damit ist nicht zu rechnen. Hieße das doch, die über die diversen Umlagen gewälzten Probleme politisch da zu lösen, wo sie herkommen. Christian Meyer hat ja erste Denkanstöße geliefert. Es wäre schon etwas, würde mal neu drüber nachgedacht.