Produktion 23. Apr 2021 Von M. Ciupek und A. Weikard Lesezeit: ca. 3 Minuten

Eine komplette Fertigung auf Bestellung

Porsche, MHP und Munich Re versprechen mit ihrem Flexfactory getauften Joint Venture Produktionslösungen von der Software, über flexible Anlagen bis zur maßgeschneiderten Finanzierung. Wo das „Digital Production as Service“-Modell seine Stärken hat, erklären die beiden Geschäftsführer im Interview mit VDI nachrichten.

Das Komplettpaket aus digitalter Prozessoptimierung, flexibler Produktion und passgenauer Finanzierung, das Flexfactory anbietet, ist auf dem Markt bislang einzigartig.
Foto: panthermedia.net/phonlamai

VDI nachrichten: Herr Plattmeier, Herr Hypko, Sie sind seit Kurzem mit Ihrer Industrieberatung Flexfactory gestartet, was ist das Besondere daran?

Phillipp Hypko: Wir bieten ein komplettes Paket an der Schnittstelle dreier Beratungsfelder, nämlich der digitalen Prozessoptimierung, der flexiblen Produktion und der finanziellen Transformation. Damit ist unser Angebot einzigartig am Markt. Wir kennen niemanden, der vergleichbare Leistungen zum Aufbau einer „Digital Production as a Service“ aus einer Hand anbietet.

Dahinter stehen drei Partner – Porsche sowie MHP, die Management- und IT-Beratung von Porsche, mit je 25 % und die Munich Re mit einer Beteiligung von 50 %. Warum engagiert sich die Munich Re auf diesem Feld?

Philip Plattmeier: Eine spezifische Anlage zu finanzieren, kann aus unterschiedlichen Gründen am Kapitalmarkt schwierig sein. Unerprobte Technologien, Unsicherheiten in Bezug auf die Qualität und die Quantität der Produktion sind Anlegern eher suspekt. Dazu kommen Nachfragerisiken. Kommt das neue Produkt überhaupt am Markt an?

Der Finanzexperte Philip Plattmeier kehrte für den Geschäftsführerposten bei Flexfactory aus Australien zurück. Foto: Flexfactory

Wir können die Finanzierung der neuen Anlage kapitalmarktfähig machen, also Anleger für eine Investition gewinnen, indem wir einen Teil der technischen Risiken versichern. Diese maßgeschneiderten Versicherungslösungen machen eine Investition für Anleger interessant, die nur geringe Risiken eingehen wollen. Wir denken hier insbesondere an Kapitalanlagegesellschaften von Versicherungen, aber auch Pensions- und Rentenfonds.

Hypko: Natürlich gibt es zu den Risiken, die den Investor interessieren, auch Risiken aus Sicht der Ingenieure. Nach dem Motto „Never change a running system“ würden die ihre Fertigung am liebsten einfach laufen lassen. Eine weitreichende Digitalisierung der Produktionsschritte birgt Unsicherheiten.

„Garantie auf Produktion gibt dem Betreiber Sicherheit“

Dem kommen Sie mit einer Performancegarantie entgegen. Was beinhaltet die?

Hypko: Die Flexfactory gibt im Zusammenspiel mit Munich Re eine technische Performancegarantie. Heißt, wir stehen dafür gerade, dass die Versprechungen, die wir im Rahmen unserer Beratung machen, auch erfüllt werden. Die Integration von Sensorik in die Produktion ermöglicht eine vorausschauende Wartung. Ausfälle, die dann noch auftreten, deckt unsere Garantie ab. Das gibt dem Betreiber Sicherheit.

Damit die Garantie greift, müssen aber auch einige Voraussetzungen erfüllt sein. Jemand muss die Anlage beispielsweise bedienen. Stellen Sie dann auch das Personal?

Hypko: Die rechtliche Einheit, die die Anlage betreibt, braucht natürlich qualifiziertes Fachpersonal. Hier arbeiten wir eng mit Kunden und technischen Umsetzungspartnern zusammen, die hinsichtlich des erforderlichen Personals den besten Einblick haben. Dazu gehört auch eine Richtlinie, die genau vorgibt, wie gewartet und bedient werden muss. Das muss jeweils im Detail erarbeitet werden.

Automotive-Start-ups im Visier

An wen richtet sich Ihr Rundum-sorglos-Angebot?

Hypko: Im Kern haben wir drei Zielkundengruppen: Zum einen kommen Automotive OEMs infrage, die zwar eine hohe Finanzierungskraft haben, derzeit aber immense Investments stemmen müssen und deren Ratings teilweise zuletzt herabgestuft wurden. Unter den OEMs gibt es eine Subgruppe, die für uns besonders interessant ist, nämlich die Start-ups im Markt. Sie tun sich häufig mit einer klassischen Bankenfinanzierung schwer und sind auf Venture Capital angewiesen.

Der Produktionsexperte Phillipp Hypko hatte verschiedene Positionen bei der Audi AG inne, ehe er Geschäftsführer der Flexfactory wurde. Foto: Flexfactory

Daneben fokussieren wir auf Zulieferer. Auch bei ihnen gehen die Ratings nach unten, Bankenfinanzierungen werden limitiert und gleichzeitig ist die Transformation zu stemmen. Und auch mit Maschinen- und Anlagenherstellern sind wir in Gesprächen, um gemeinsam ein neues „as a Service“-Geschäftsmodell für ihre Produkte zu entwickeln und finanziell zu skalieren. Darüber hinaus zeigen Unternehmen anderer Branchen jenseits der Automobilindustrie und des Maschinen- und Anlagenbaus klares Interesse, ihre Produktion grundlegend neu aufzustellen.

Und wie darf man sich das konkret vorstellen – das Beratungs-Know-how kommt dann abhängig vom Projekt von den beteiligten Unternehmen?

Hypko: Wir atmen über unsere Gesellschafter und parallel stellen wir ein schlagkräftiges Kernteam zusammen. Beispielsweise können wir über MHP kurzfristig auf Experten in der Digitalisierung der Wertschöpfungskette an der Schnittstelle von Produktentwicklung und Produktionsplanung zurückgreifen. Die Zusammenarbeit mit Munich Re ist – im Hinblick auf die Beratung unserer Kunden zu grundlegenden Finanzierungsoptionen und zur Absicherung der Performancegarantie – neben dem Zugang zu Finanzierungsfachleuten und Risk-Management-Profis auch aus regulatorischen Gründen notwendig. Wir können je nach Kunden dann ein maßgeschneidertes Set-up anbieten und bei Bedarf weitere technologische Partner an Bord holen.

„Wir setzen auf ein flexibles Produktionskonzept unter Anwendung fahrerloser Transportsysteme“

Gibt es Vorbehalte bei den Kunden, dass eine Beratung der Munich Re nur ihre eigenen Produkte vermarktet?

Plattmeier: Munich Re stellt die Finanzierung ja nicht zwingend selbst. Natürlich kommt der Vermögensverwalter der Munich Re, die Meag, dafür infrage. Aber grundsätzlich ist das Ziel, die Finanzierung der Maschinen und Anlagen für ein breites Spektrum von Investoren zu öffnen. Unsere Aufgabe besteht zuerst darin, die Risiken für den Investor auf die beschriebene Weise zu senken, um so die Grundlage für optimierte Zinssätze für die Finanzierung zu schaffen.

Hypko: Wir machen mit der Flexfactory mehr, als einfach nur den Kundenlead an unsere Gesellschafter weiterzugeben. Wir wollen mit unserem Ansatz von „Digital Production as a Service“ insbesondere die Produktion von Kleinserien effizient machen. Gewöhnlich ist die Umstellung von einem Produkt auf das andere damit verbunden, dass verschiedene Dienstleister Maschinen und Anlagen umprogrammieren. Bei häufigen Wechseln wird die Produktion so nie effizient.

Und Sie machen das anders?

Hypko: Flexible Produktion ist nicht nur ein Thema der Produktion, sie beginnt bereits in der Entwicklung. Konkret schließen wir mit der Software von MHP die „digitale Lücke“ zwischen Produktentwicklung und Produktionsplanung und ermöglichen einen automatisierten Transfer von Produkt- in Prozessdaten bis hin zu einer virtuellen Inbetriebnahme. Außerdem setzen wir auf ein flexibles Produktionskonzept unter Anwendung fahrerloser Transportsysteme zur Fertigung von Produkten mit kleinen Stückzahlen oder hoher Varianz.

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