FAHRZEUG 27. Jun 2019 Matilda Jordanova-Duda Lesezeit: ca. 4 Minuten

Hoch-Zeit beim blauen Elefanten

Bei Schmitz Cargobull gibt es kein Halten – technisch wie wirtschaftlich. Der Hersteller von Sattelaufliegern hat zudem „Gesundheit im Koffer“.

Wieder einmal Hochzeit bei Schmitz Cargobull. Der Aufbau senkt sich langsam auf das Fahrgestell.
Foto: Schmitz Cargobull

Bei Schmitz Cargobull ist „Hochzeit“, wenn der Aufbau mit dem Fahrgestell vereint wird. Das Familienunternehmen mit Sitz in Altenberge ist Europas führender Hersteller von Sattelaufliegern, Anhängern und Motorwagenaufbauten für Frachten aller Art. Die Zeichen stehen auf Wachstum für den 125 Jahre alten Wagenbauer. Im Geschäftsjahr 2016/2017 haben knapp 60 000 Fahrzeuge „Hochzeit“ gefeiert, gut 10 000 mehr als geplant. Und wie die Auftragslage aussieht, werden es 2018 mehr sein.

MX-Award-Gesamtsieger 2017

Die Schmitz Cargobull AG erhielt im vergangenen Jahr als Gesamtsieger den Manufacturing Excellence Award, bei dem die VDI nachrichten Medienpartner sind.

Der MX-Award ist verbunden mit einem Benchmark, in dem Unternehmen ihre Leitungsfähigkeit vergleichen können. Die Bewerbungsfrist für 2018 endet am 18. März. ws

Seit diesem Jahr gibt es auch Kofferaufbauten für kleinere Laster im Programm, gedacht für die innerstädtischen Paket- und Kurierdienste. Die neue Produktlinie ist, so die Firma, dem wachsenden Onlinehandel zu verdanken und versorgt ihn mit Transporteinheiten bis zur „letzten Meile“. Der Umsatz riss die 2-Milliarden-Euro-Latte und auch die Zahl der Mitarbeiter legte um 375 auf insgesamt knapp 5800 weltweit zu. Weit weg scheint das Krisenjahr 2009, als der Umsatz des Trailer-Produzenten um 66 % einbrach.

Michael Timmermann, Werksleiter in Vreden: „Es ist uns vor allem wichtig, dass es eine Veränderung gibt, die Momentaufnahme zählt weniger.“ Foto: Schmitz Cargobull

„Die Märkte in Süd- und Osteuropa haben deutlich angezogen“, erzählt Michael Timmermann, der das Werk in Vreden nahe der niederländischen Grenze leitet. Mit rund 2000 Mitarbeitern ist das einer der größten Fertigungsstandorte. Spezialisiert ist er auf thermoisolierte Sattelkoffer, Lkw-Auflieger für Kühlfracht. Davon hätten die Kunden zuletzt 40 % mehr geordert. Die Marke mit dem blauen Elefant produziert nie auf Vorrat. Notfalls könne sie einen Anhänger innerhalb 18 Stunden fertigstellen, so das Unternehmen: Solche Eilbestellungen gebe es immer wieder, etwa nach einem Lkw-Unfall.

Schmitz Cargobull AG

gegründet 1892

Produkte: Sattelauflieger, Aufbauten, Anhänger für Lkw, „Van Bodies“ für Kompakttransporter

Mitarbeiter: weltweit knapp 5800 an elf Standorten

Umsatz: 2,03 Mrd. € im Geschäftsjahr 2016/2017 mjd

In Vreden dauert es im Schnitt fünf Tage zwischen Auftrag und Auslieferung. „Unsere thermoisolierten Sattelkoffer haben eine wesentlich höhere Wertschöpfungstiefe“, erklärt Timmermann. Das Werk fertigt sie aus Coils und Flüssigschaum und versieht sie mit Kühlaggregaten und Elektronik. Ein gemeinsam mit Bosch und der Telekom entwickeltes Telematiksystem überträgt laufend Daten an den Spediteur über die Innentemperatur, den Reifendruck, den Türenstatus oder die Position des Gespanns. Die Sattelkoffer sind „Premium-Produkte“, die hauptsächlich in Europa und Australien verkauft werden.

„Wir sind Einzelfertiger“, sagt Timmermann. So gut wie jeder Auftrag variiere nach Maß, Anzahl der Achsen, Licht- und Innenausstattung. Die Ware, die transportiert werde, bestimme die Anforderungen. Der Elektrotechnikingenieur arbeitet seit 24 Jahren bei Schmitz Cargobull. „Vor 20 Jahren bauten wir noch 200 unterschiedliche Typen“, erinnert er sich. Seitdem habe man die Vielfalt auf neun Kernprodukte eingehegt. „So konnten wir die Produktion automatisieren und Toyota-Produktionsmethoden einführen. Das hat die Effizienz deutlich erhöht.“ Die modularisierte Bauart erlaube, spezifische Kundenwünsche zu erfüllen.

Rund 100 Ingenieure arbeiten in Vreden in Entwicklung und Produktion, darunter Maschinenbauer, Elektrotechniker, Spezialisten für Simulation, Oberflächen, Kühltechnik und Fertigungsorganisation. „Wir haben auch viele Techniker, die praktisch Ingenieuraufgaben haben“, sagt der Werksleiter. Um Fachkräfte zu gewinnen, setzt das Unternehmen auf Ausbildung und duales Studium, die Betreuung von Bachelor- und Masterarbeiten sowie auf Praktika und Ferienjobs für Studierende.

Timmermann leitet seit 15 Jahren das Werk Vreden. Fluktuation gebe es keine. Das liege einerseits an der Bodenständigkeit der Münsterländer. Andererseits tue der Arbeitgeber einiges dafür, dass die Leute bleiben oder wiederkommen.

Im Vordergrund sieht der Manager die Gestaltungsmöglichkeiten, die nicht nur für Fach- und Führungskräfte, sondern für alle Beschäftigten gälten. Es geht um die stetige Verbesserung von Arbeitsplätzen und -prozessen – und da haben die „Schmitzianer“ eine Menge mitzureden. „Allein in Vreden haben wir zehn bis 15 dafür freigestellte Mitarbeiter, die jedes Jahr bis zu 400 Workshops mit den Kollegen durchführen.“ Die im Toyota-Produktionssystem ausgebildeten Moderatoren erörterten im kleinen Kreis die Gestaltung der jeweiligen Arbeitsplätze. Die Vorschläge werden sofort umgesetzt, deshalb sei die Motivation besonders groß. Timmermann: „Die Werker reden auf Augenhöhe mit den Ingenieuren. Das macht diesen auch deutlich, wie wichtig das Wissen der Werker für gute Produkte und Produktionsanlagen ist.“

Weil Zufriedenheit und Gesundheit untrennbar sind, wird Gesundheitsmanagement großgeschrieben. Ziel sei, dass jeder Schmitzianer gesund in Rente gehen kann. Zweimal pro Jahr werde die Belegschaft darüber anonym befragt. Rund 80 % glaubten, dass sie es mit ihren aktuellen Tätigkeiten gesund bis zum Rentenalter schaffen würden. „Aber es ist uns vor allem wichtig, dass es eine Veränderung gibt, die Momentaufnahme zählt weniger.“

Die Ergonomie der Arbeitsplätze ist ein wesentliches Thema bei den Workshops. Mancher Monteur arbeitet über Kopf. Deshalb gibt es Rückenschulen und Sportgruppen. Und seit 2014 auch „GeKo“: ein topmodernes Fitnessstudio in einem von den Azubis umgebauten Sattelkoffer. Daher auch der Name GeKo: „Gesundheit im Koffer“ oder auch „Gesundheit kommt an“.

„Wenn der Mitarbeiter nicht zum Fitnesscenter kommt, kommt eben das Fitnesscenter zum Mitarbeiter“, so die Idee hinter dem Projekt, das für den Deutschen Betriebsrätepreis nominiert wurde. Man trainiert unter professioneller Anleitung auf dem Betriebsgelände und in Arbeitskleidung. Die ersten Wochen sind kostenlos, man wird sogar für die Übungen freigestellt. Voraussetzung: „80 % eines Teams sollen dabei sein. So ziehen die Sportkanonen die Passiven mit“, erklärt der Leiter Gesundheitsmanagement in Vreden, Martin Resing.

Mittlerweile fährt der Truck in die benachbarten Standorte Altenberge und Horstmar und ist auch bei den Unternehmen in der Gegend im Einsatz. Bei Schmitz Cargobull Gotha überlege man, sich ein eigenes Fitnessstudio anzuschaffen. Timmermann: „Mit keiner anderen Maßnahme haben wir so viele Leute in Bewegung gebracht.“

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