WEITERBILDUNG 08. Jul 2019 Wolfgang Schmitz Lesezeit: ca. 4 Minuten

„Wir werden gefördert, nicht hofiert“

Eon bietet es an, Siemens ebenso. Und auch der Glasspezialist Schott fördert und betreut über sein internationales Graduate Program unerfahrene Ingenieure beim Berufs- und Konzerneinstieg. Gregor Deutschle hat das Programm bei Schott durchlaufen. Das erworbene interkulturelle Wissen und Verständnis ist für den Maschinenbauingenieur heute Gold wert.

Glas ist nicht gleich Glas. Und deutsche Arbeitsweisen sind meist nicht auf die Realitäten im Ausland übertragbar, wie die Teilnehmer des Schott Graduate Program auf ihren unterschiedlichen Etappen lernen.
Foto: Schott

Die Märkte werden internationaler, Unternehmen spannen das Netz ihrer Standorte immer weiter. Aber wie lässt sich deutsche Produktqualität ins Ausland transferieren, ohne jeden einzelnen Mitarbeiter für Monate auf Reisen zu schicken? Eine Möglichkeit, die immer häufiger genutzt wird, ist die Entsendung junger Berufseinsteiger, die Erfahrungen sammeln sollen und diese später als Führungskräfte an ihre Teams weitergeben. Vom Dominoeffekt profitiert so nicht nur der Einzelne.

Technik rund ums Glas und um den Globus

– Die Schott AG mit Hauptsitz in Mainz ist mit ihren Glasprodukten vor allem in den Branchen Hausgeräte, Pharmazie, Elektronik, Optik und Transportation tätig.

– Im Geschäftsjahr 2012/13 erzielte der Technologiekonzern weltweit einen Umsatz von 1,84 Mrd. €, davon 85 % außerhalb Deutschlands. Er hat Standorte in 35 Ländern, 15 400 Mitarbeiter, davon 5300 in Deutschland.

– Das International Graduate Program startet jeweils im Sommer und Winter. Laufzeit: zwischen 18 und 24 Monaten.  ws

Einer, der seinen Auslandseinsatz in vollen Zügen genossen und für seine Karriere genutzt hat, ist Gregor Deutschle. Der Maschinenbauingenieur ist Absolvent des Internationalen Graduate Program, das der Technologiekonzern Schott, einer der weltgrößten Spezialglas-Produzenten, talentierten Nachwuchskräften weltweit anbietet. „Ich habe in der Strategieabteilung angefangen. Besser geht’s nicht, um einen Einblick in das Unternehmen und in die Managementthemen von morgen zu bekommen“, sagt Deutschle. Die Managementthemen von morgen sind vor allem globaler Natur, wie der 33-Jährige während seiner Stationen in den USA, Singapur, Tschechien und Frankreich erfuhr.

Die Programmteilnehmer, allesamt Hochschulabsolventen, egal ob mit Bachelor- oder Masterabschluss, durchlaufen in 18 bis 24 Monaten mehrere Fachbereiche bei Schott und absolvieren Auslandseinsätze, denen ein interkulturelles Training vorangeht. Deutschle, Absolvent der RWTH Aachen, war bei seinem Einstieg insbesondere an den kniffligen Themen interessiert, etwa an der Verbindung von technischen Themen mit strategischen und wirtschaftlichen Fragestellungen. Je nach Einsatzbereich, Interesse und Erfordernis liegen die Schwerpunkte der Weiterbildung auf Technik, Ökonomie oder Management.

Die kulturellen Feinheiten bildeten für Deutschle einen zusätzlichen Reiz, den Mehrwert der täglichen Herausforderungen. Sei es bei der Logistikoptimierung in Singapur oder bei der Fertigung in den USA. Die institutionalisierte Weiterbildung wird durch die „Learning by doing“-Methode gestützt. „Wenn man als Graduate startet, sitzen alle in einem Boot. Alle sind neu und neugierig. Man tauscht sich aus und lernt sich kennen. Die Gruppe ist zwar weltweit verteilt, hält aber Kontakt. Das Spannende ist, dass ein chinesischer Kollege eine völlig andere Arbeitsweise gewohnt ist als der amerikanische und der deutsche Kollege. Wenn man gelernt hat, sich auf diese unterschiedlichen Mentalitäten einzustellen, fällt die Kommunikation und damit die Lösungsfindung leichter. Und man stellt fest, dass über das neue Netzwerk auch Herausforderungen zu lösen sind, die zuvor unlösbar schienen.“

Technik rund ums Glas und um den Globus

– Die Schott AG mit Hauptsitz in Mainz ist mit ihren Glasprodukten vor allem in den Branchen Hausgeräte, Pharmazie, Elektronik, Optik und Transportation tätig.

– Im Geschäftsjahr 2012/13 erzielte der Technologiekonzern weltweit einen Umsatz von 1,84 Mrd. €, davon 85 % außerhalb Deutschlands. Er hat Standorte in 35 Ländern, 15 400 Mitarbeiter, davon 5300 in Deutschland.

– Das International Graduate Program startet jeweils im Sommer und Winter. Laufzeit: zwischen 18 und 24 Monaten.  ws

Für Gregor Deutschle war von Beginn an klar, dass es hier nicht gegeneinander ging, sondern um das kollegiale Miteinander: „Ich habe das nie als Haifischbecken empfunden.“

Wer dennoch ins Schwimmen gerät, kann sich an seinen zugewiesenen Mentor wenden. Der ist Ratgeber, kein Babysitter. Deutschle: „Wir werden gefördert, aber nicht hofiert. Schott fordert auch Flexibilität ein, etwa was die Reisebereitschaft angeht. Aber das ist in Ordnung, das gehört dazu.“

Deutschle hat das Programm seit fünf Jahren hinter sich. Nachdem er fast drei Jahre unterwegs war, um ein Konzernprojekt zur Einführung von Lean Management an den Standorten in aller Welt zu etablieren, ist er heute globaler Produktmanager im Bereich Pharmaceutical Systems. Seine breite Ausbildung kommt ihm dabei zugute. Deutschle verantwortet die Einführung einer neuartigen Verpackung für pharmazeutische Behälter. „Da wir hier noch in den Anfängen stecken, bin ich neben der Arbeit beim Kunden überwiegend mit Projektmanagement befasst.“

So wie Deutschle, wissen auch die aktuellen Programmteilnehmer beim Einstieg nicht immer, auf welcher Position, an welchem Standort und auf welcher Karriereschiene sie einmal landen. „Das Graduate Program ist kein ausgesprochenes Führungsprogramm, es ist ein Berufseinsteigerprogramm, das auf Führungspositionen ebenso vorbereiten soll wie auf Spezialistenstellen“, betont Nina Moyer, bei Schott für das Programm zuständig. Manche Teilnehmer stellten während der Stationen fest, dass ihnen eine General Management-Laufbahn weniger liegt als die Fachkarriere. Moyer: „Warum sollte Schott diese Möglichkeit von vornherein ausschließen?“

Wer sich für das International Graduate Program von Schott interessiert, sollte eine gute Abschlussnote, gutes Englisch und mindestens drei Monate Auslandserfahrung nachweisen. In der Regel durchlaufen die „Graduates“, von denen rund 70 % Ingenieure sind, innerhalb einer „Business Unit oder Corporate Function“ unterschiedliche Abteilungen, wie Engineering oder Quality. Der Verlaufsplan des Programms wird zu Beginn grob skizziert, kann aber jederzeit angepasst werden, wenn Projekte anstehen oder sich die Arbeitslast verändert. Zwei Weiterbildungen in Projektmanagement und Interkulturellem Training sind Pflichtveranstaltungen.

Damit die Graduates nicht die Bodenhaftung verlieren, arbeiten sie auch an der Basis. „Ziel ist es, während der einwöchigen Schichtarbeit Respekt vor der Arbeit in der Fertigung zu schaffen und diese als wichtigen Erfolgsfaktor zu begreifen“, so Nina Moyer. Man wolle bei Schott „keine abgehobenen Jungingenieure, die als Führungskräfte von morgen über den Roten Teppich schweben“.

Beim jährlichen International Graduate Meeting kommen an drei Tagen alle Teilnehmer aus allen Ecken der Welt in der Mainzer Konzernzentrale zusammen, um Erfahrungen auszutauschen und Themen zu besprechen. „Das Netzwerk und die Zusammenführung der Leute sind uns sehr wichtig“, so Nina Moyer. Wer gut informiert neue Aufgaben angehe, vermeide Frustrationen.

Das Graduate Program ist bei Schott kein zwangsläufiger Einstieg für jeden karrierebewussten Hochschulabsolventen, betont Nina Moyer. „Wir schauen uns bei den Bewerbungen sehr genau an, ob sich ein Direkteinstieg oder ein Graduate Program anbietet. Wenn erkennbar ist, dass das Themengebiet so speziell ist, dass viele Wechsel keinen Sinn machen, passt das Graduate Program nicht ins Konzept.“

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