Automatisierung für die Industrie 15. Nov 2024 Von Martin Ciupek Lesezeit: ca. 4 Minuten

SPS 2024: Positive Stimmung trotz negativer Zahlen

Technisch geht es in der Automatisierungsbranche mächtig voran. Die negativen Marktentwicklungen sollen bald wieder der Vergangenheit angehören.

Digitalisierung ist und bleibt ein prägendes Thema in der Automatisierungsbranche.
Foto: M. Ciupek

Die Umsatzeinbrüche von Branchen wie der Automobilindustrie schlagen sich auch in den Bilanzen vieler Anbieter von Automatisierungstechnik nieder. Das wurde auf der Messe „SPS – Smart Production Solutions“ in dieser Woche in Nürnberg deutlich. Nach dem Elektrotechnikverband ZVEI (VDI nachrichten berichtete) präsentierte dort auch der Maschinenbauverband VDMA deutliche Rückgänge bei Aufträgen und in den Produktionszahlen. Die Talsohle scheint jedoch bei einigen Unternehmen bereits durchschritten zu sein. In den Messehallen gab es vor allem technische Innovationen in Form von Software und Hardware.

Absatzschwäche im Maschinenbau schlägt sich auch bei der Automatisierung nieder

Der VDMA prognostiziert für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau im Jahr 2024 aktuell ein Produktionsminus von real 8 %. Gründe dafür sind der schwache Welthandel und fehlende Investitionen. Eine Trendwende wird in der Branche deshalb erst im Verlauf des Jahres 2025 erwartet.

Das zeigt sich auch in der Teilbranche der Automatisierungstechnik. So sank laut dem Fachverband „Elektrische Automation“ in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres der Auftragseingang der Mitgliedsunternehmen real um 10 %. Der Umsatz fiel gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 18 %.

Jörg Freitag, Vorstandsvorsitzender des VDMA Elektrische Automation, ordnete auf der Messe SPS die Situation im deutschen Maschinenbau ein. Foto: M. Ciupek

Dafür gibt es mehrere Gründe: Auf Kundenseite bestehen zum Teil immer noch Lagerbestände auf Komponentenebene, die nach Lieferproblemen in der Coronapandemie aufgebaut wurden. Zudem werden notwendige Investitionen seitens der Kundenbranchen aufgrund der Unwägbarkeiten am Markt zurückgestellt und Investitionsentscheidungen ins Jahr 2025 verschoben.

So verzeichneten alle Teilbereiche der elektrischen Automation im VDMA im laufenden Jahr Rückgänge bei den Auftragseingängen. Bei der Sensorik gingen die Bestellungen in den ersten neun Monaten real um 10 % zurück und der Umsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum sank um 11 %. Die Steuerungstechnik weist laut VDMA einen Rückgang von 8 % im Auftragseingang bei einem gleichzeitigen Rückgang im Umsatz von 24 % auf. Der Bereich Sonstige Erzeugnisse verzeichnet ein Minus von 12 % bei der Nachfrage und einen Umsatzrückgang von 26 %. In allen drei Bereichen lag die Nachfrage aus dem Ausland über der der Inlandsnachfrage. Insgesamt rechnet der VDMA-Fachverband Elektrische Automation für dieses Jahr mit einem realen Umsatzrückgang von 16 % gegenüber dem Vorjahr.

Jörg Freitag, Vorstandsvorsitzender des VDMA Elektrische Automation, sagte mit Blick auf die Zukunft: „Die Branche erwartet für die erste Jahreshälfte 2025 eine weiterhin angespannte Auftragslage gegenüber 2024 – und damit verbunden auch einen stagnierenden Umsatz. Der Bodensatz sollte bald erreicht sein. In der zweiten Jahreshälfte wird mit einer positiven Tendenz gerechnet.“

 Unternehmen der Automatisierungstechnik sehen die Politik stärker in der Pflicht

Obwohl die Messe SPS in Nürnberg vor allem für Technik und weniger für politische Reden steht, klangen öfter als in den Jahren zuvor deutliche Worte an die Politiker in Deutschland und Europa durch. „Wir brauchen dringend mehr unternehmerische Freiheit“, forderte Freitag. „Es muss in Deutschland wieder Freude machen, unternehmerisch tätig zu sein. Dazu gehören neben dem Bürokratieabbau eine moderne Infrastruktur, adäquate Energiekosten, verlässliche politische Entscheidungen sowie ein flexiblerer Arbeitsmarkt und ein wettbewerbsfähiges Steuersystem.“

Ähnlich klang es auch bei Ulrich Leidecker, dem COO von Phoenix Contact. „Wir machen uns das Leben im europäischen Wirtschaftsraum schwer“, lautete seine Einschätzung. Die EU-Vorschriften mit Regeln, Standards und Richtlinien für Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) kosteten sein Unternehmen einen mittleren sechsstelligen Betrag. Dazu kämen Themen wie die Lieferkettensorgfaltspflicht und das neue EU-Gesetz zur künstlichen Intelligenz (AI Act).

Zum bereits lange von der Industrie geforderten Bürokratieabbau stellte Leidecker fest: „Was auch immer abgebaut wird, wird schneller wieder zugebaut.“ Er machte auch die konkreten Folgen deutlich: Sein Unternehmen investiere aktuell verstärkt im Ausland. Bevor er sich wieder technischen Fortschritten widmete, forderte er mit Blick auf die Verantwortung für den Heimatstandort seines Unternehmens: „Die Politik muss schnell reagieren!“

Technikbegeisterung und Innovationsfreude prägten das Bild auf der SPS 2024

Für Lichtblicke an den trüben Herbsttagen sorgten dagegen wieder die vielen intensive Fachgespräche zu neuen Produkten und aktuellen Markteinführungen auf der Messe. Die Unternehmen zeigten Perspektiven auf, die sich durch die Automatisierung und Digitalisierung der Industrie ergeben.

Das ist auch in den Abschluss-Statements von Ausstellern und Messeveranstalter abzulesen. „Die SPS bleibt auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein starker Ort für Innovation und Diskussion. Hier gestalten wir gemeinsam Zukunft“, erklärte beispielsweise Steffen Winkler, CSO der Business Unit Automation der Bosch Rexroth AG und Vorsitz des Ausstellerbeirats der SPS.

Ulrich Leidecker, COO von Phoenix Contact, forderte die Politik zu schnellem Handeln auf.
Foto: M. Ciupek

Und Martin Roschkowski, President der Mesago Messe Frankfurt GmbH, resümierte: „Angesichts der momentan herausfordernden wirtschaftlichen Lage in der Industrie ist der Anstieg der Besucherzahlen im Vergleich zum Vorjahr ein starkes und wichtiges Signal für die Automatisierungsbranche.“

SPS 2024 mit Besucheranstieg und Ausstellerrückgang

Tatsächlich konnte die Veranstaltung in Nürnberg trotz der zeitgleich in München stattfindenden Fachmesse Electronica einen Besucheranstieg verzeichnen: von etwas über 50.000 Menschen im Jahr 2023 auf nun 51.300 Besucherinnen und Besucher. Allerdings gab es gleichzeitig einen Rückgang bei den Ausstellerzahlen. Nach 1229 Ausstellern im Vorjahr waren in den 16 Messehallen diesmal 1114 Aussteller zu finden. Beispielsweise hatte sich das Unternehmen Harting voll auf die Electronica fokussiert.

Auch die belegte Ausstellungsfläche fiel dadurch etwas geringer aus. Gegenüber 128.000 m² waren es in diesem Jahr 125.000 m². Das spiegelte sich in den etwas größeren Freiflächen in den 16 Messehallen wider. Eine ausführliche Messeanalyse mit weiteren Ergebnissen zur SPS 2024 will Messeveranstalter Mesago Anfang 2025 veröffentlichen.

Fest steht indes jedoch bereits, dass die SPS im kommenden Jahr auf den altbekannten und bewährten Termin in der letzten Novemberwoche zurückkehrt. Sie findet dann vom 25. bis 27. November 2025 in Nürnberg statt. Damit dürften künftig auch Überschneidungen mit der Electronica kein Thema mehr sein.

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