Automation 30. Jul 2021 Von Martin Ciupek Lesezeit: ca. 3 Minuten

Paukenschlag in der Robotik – Google meldet sich mit Intrinsic zurück

Googles Mutterkonzern Alphabet sorgt seit wenigen Tagen wieder für Aufsehen in der Robotik. Jetzt hat der Konzern seine neue Tochter Intrinsic vorgestellt, die die industrielle Robotik vereinfachen und für einen noch breiteren Anwenderkreis attraktiv machen möchte. Mit an Bord sind einige Roboterspezialisten, die sich in Deutschland bereits einen Namen gemacht haben.

Torsten Kroeger, seit Juli 2021 CTO der Alphabet-Tochter Intrinsic in München. Das Bild entstand 2018 auf den Expert Days bei Schunk.
Foto: Martin Ciupek

Zwischenzeitlich hatte es schon so ausgesehen, als hätte Googles Mutterkonzern Alphabet das Interesse an der industriellen Robotik verloren. Der Roboterhersteller Boston Dynamics, den die Kalifornier 2013 erworben hatten, wurde längst verkauft und gehört inzwischen dem südkoreanischen Automobilkonzern Hyundai Motor Company. Auch die netten Internetvideos von selbstlernenden Robotern, die mittels Künstlicher Intelligenz Gegenstände sortieren, brachten zwar viele Klicks, aber keinen Durchbruch für den Internetkonzern in der Industrierobotik. Konkrete Produkte für Industrieanwendungen stellten zunehmend etablierte Roboterhersteller und Roboter-Start-ups vor.

Das könnte sich jetzt ändern – und zwar mit Unterstützung hochkarätiger Roboterexperten aus Deutschland sowie einem ehemaligen Alphabet-Mitarbeiter, den es von Alphabets Forschungsabteilung namens X zunächst aus den USA wieder an das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verschlagen hatte. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland sagte Torsten Kroeger 2018 gegenüber VDI nachrichten noch: „Es gibt natürlich Technologien, bei denen US-Unternehmen wie Amazon, Google, Microsoft und andere sicher die Nase weit vorne haben – mit Cloud-Technologie, datengetriebenen Ansätzen und maschinellem Lernen. Wenn es auf der anderen Seite darum geht, dass Systeme physisch mit Menschen interagieren wie z. B. Roboter, dann sind Erfahrungen mit Mechatronik, funktionaler Sicherheit und Echtzeitsteuerung wichtig.“ Auf der Ebene habe Deutschland noch deutlich die Nase vorne. US-Konzerne fehle dazu das Verständnis. Für Ihn war das einer der Gründe, wieder nach Deutschland zu gehen, um praxisnahe Produkte zu entwickeln.

Expertenteam in München

Seit wenigen Tagen ist klar: Torsten Kroeger startet mit Alphabet einen neuen Anlauf. Er ist der neue Technologiechef (CTO) von Intrinsic am Standort in München. Zu seinem Team gehören unter anderem der ehemalige Vice President Corporate Research von Kuka, Rainer Bischoff, sowie der langjährige Bereichsleiter für Robotik am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart, Martin Haegele. Insidern war bereits aufgefallen, dass diese bereits 2020 bzw. 2019 zur Alphabet-Technologieschmiede X gewechselt waren.

Auf der Social-Media-Plattform Linkedin schrieb Bischoff diese Woche in englischer Sprache sinngemäß: „Unser Projekt für Robotiksoftware und Künstliche Intelligenz hat X, die „Moonshot Factory“, abgeschlossen! Heute Nachmittag haben wir das neueste Mitglied der Alphabet-Familie vorgestellt: Intrinsic.“ Das Projekt wurde demnach in zwei Ländern geboren – den USA und Deutschland. Bischoff berichtet weiter: „Unser Ziel ist es, das kreative und wirtschaftliche Potenzial der Industrierobotik für Millionen weiterer Unternehmen, Unternehmer und Entwickler zu erschließen.“

Entwicklung in Deutschland und den USA

In den vergangenen Jahren hat das Expertenteam bei X laut dem ehemaligen Kuka-Manager erforscht, wie man Industrierobotern die Fähigkeit verleihen kann, wahrzunehmen, zu lernen und automatisch Anpassungen vorzunehmen, während sie Aufgaben ausführen, sodass sie in einem breiteren Spektrum von Umgebungen und Anwendungen arbeiten können. „In Zusammenarbeit mit Teams in ganz Alphabet und mit unseren Partnern in realen Produktionsumgebungen haben wir Software entwickelt, die Techniken, wie automatische Bewegungsplanung und -wahrnehmung, sensorbasierte Steuerung, Simulation sowie Deep Learning und Reinforcement Learning nutzt“, schrieb er. In einem vorige Woche von X veröffentlichten Video ist zu erkennen, wie Leichtbauroboter von Kuka ein Möbelstück montieren.

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CEO von Intrinsic ist Wendy Tan White, die in Kalifornien sitzt und 2019 von Tech Nation – einem Netzwerk für Tech-Entrepreneure in Großbritannien – zu X wechselte. „Mir ging es schon immer um die Demokratisierung der Technologie“, sagte Tan White vorige Woche gegenüber der US-Zeitschrift Fortune und stellte dort fest: „Wenn wir die Industrierobotik zugänglich machen können, werden wir die Art und Weise, wie die Welt Dinge herstellt und produziert, grundlegend verändern.“

Wettbewerber in Deutschland

Neu sind solche Aussagen nicht. Von Kuka waren ähnliche Aussagen bereits auf der digitalen Hannover Messe im April zu vernehmen, unter anderem von Kristina Wagner. Sie ist die aktuelle Chefin der Kuka Konzernforschung und Leiterin des aktuell größten Entwicklungsprojekts bei den Augsburgern, bei dem ebenfalls der Zugang zur Robotik vereinfacht werden soll.

Auf der digitalen Hannover Messe hatte auch Bosch in diesem Jahr gezeigt, wie sich der Stuttgarter Konzern die selbstlernende Robotik vorstellt. Bosch integriert die Roboter bereits in eine Musterfabrik, in der Mensch und Maschine sich flexibel ergänzen sollen. Die Demonstrationsfabrik soll Teil des neuen Entwicklungszentrums in Ulm werden.

Auch der japanische Roboterhersteller Fanuc investiert am Standort Deutschland. In Neuhausen bei Stuttgart wurde kürzlich mit dem Bau des neuen Europäischen Entwicklungszentrums begonnen. Nach eigenen Angaben lässt sich das der Spezialist für Fabrikautomation rund 22 Mio. € kosten. Ab 2023 soll der Neubau auf 6000 m² Platz für das europäische Entwicklungszentrum sowie die europäische technische Supportorganisation des Unternehmens bieten. Allein die Maschinenhalle des Technikums soll mehr als 2000 m² umfassen.

Mit der Wahl des Standorts München scheint sich in der Region eine Art Robotikcluster zu entwickeln. Denn auch die globale Entwicklung von kollaborierenden Robotern im ABB-Konzern ist in München angesiedelt. Anfang dieses Jahres hatte das Unternehmen zwei neue Roboter vorgestellt, die sicher mit Menschen kooperieren können und teilweise auch KI-Methoden nutzen, um die Bedienung zu vereinfachen.

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