E-Mobilität: Brennende Akkus lassen Feuerwehr kalt 30. Sep 2021 Von Stefan Asche Lesezeit: ca. 3 Minuten

Elektrofahrzeuge sind kein heißes Eisen

E-Fahrzeuge brennen nicht öfter als andere – im Gegenteil. Selten betroffen: der Akku. Sollte es dennoch passieren, sind die Löscharbeiten aus Sicht der Feuerwehr einfacher, als vielfach kolportiert wird.

Was bleibt, wenn ein Elektrofahrzeug abbrennt: Schrott, der ganz unspektakulär auf einem Havarieplatz gelagert und anschließend verwertet wird.
Foto: S. Asche

Christoph Emrich, Brandoberrat bei der Feuerwehr in München, wird deutlich: „Elektrofahrzeuge brennen keineswegs öfter als Autos mit Verbrennungsmotor. Im Gegenteil – das belegen aktuelle Statistiken.“ Jüngst steigende Fallzahlen seien alleine darauf zurückzuführen, dass immer mehr Stromer verkauft würden. Der 37-Jährige muss es wissen. Er agiert in einer Arbeitsgruppe von DFV (Deutscher Feuerwehrverband) und AGBF (Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in Deutschland), in der über den sicheren Umgang mit E-Fahrzeugen beraten wird.

Akku bleibt meist unversehrt

„In den seltenen Fällen, in denen ein E-Mobil doch mal Opfer der Flammen wird, bleibt der Akku meist unversehrt“, unterstreicht Emrich. Hintergrund: „Die Zellen sind in die Fahrzeugstruktur eingekapselt und thermisch isoliert.“ Dementsprechend seien innerhalb der letzten sechs Jahre in ganz München lediglich eine Hand voll rollender Energiespeicher in Brand geraten.

„Stichflammen und Knallgeräusche“

Zu erkennen sind betroffene Akkus laut Emrich am explosiven Abbrennen der einzelnen Zellen. „Dabei kommt es wiederholt zu Stichflammen und Knallgeräuschen.“ Sollten sich die Einsatzkräfte vor Ort bei der Einschätzung der Situation dennoch nicht sicher sein, helfe die Kennzeichenabfrage bei der Leitstelle. Von dort gebe es dann umgehend ein Rettungsdatenblatt, in dem über eventuelle Fahrzeugbesonderheiten informiert würde.

Elektrische Gefährdung ist gering

Die elektrische Gefährdung der Feuerwehrleute ist nach Einschätzung des Müncheners überschaubar. „Die Fahrzeuge sind gut abgesichert. Bei mechanischen oder thermischen Einwirkungen jenseits der Toleranzwerte werden alle Trennstellen sofort getrennt.“ Selbst wenn das Fahrzeug nach einem Unfallgeschehen in einem Bach schwimme, sei die Bedrohung für die Helfer sehr gering.

Stecker raus!

Sollte der Brand während eines Ladevorgangs ausbrechen, wird nach Angaben des Rettungsingenieurs versucht, die Steckverbindung zu lösen. Gelingt das nicht – etwa aufgrund von Verschmorungen –, wird der Betreiber der Ladesäule informiert. Ziel sei es – wie bei jedem Brand von Elektroanlagen – die Stromzufuhr sofort zu unterbrechen.

Christian Emrich, Brandoberrat, bleibt auch bei „durchreagierenden“ Akku-Zellen entspannt. „Bedenken haben sich nicht bestätigt.“ Foto: Branddirektion Muenchen

Der eigentliche Löschvorgang ist in den Augen des Feuerwehrmanns deutlich unspektakulärer, als es oft in den Medien beschrieben werde. „Kleine Explosionen und umherfliegende Teile gibt es auch bei klassischen Autos. Bei Elektrofahrzeugen knallt es vielleicht ein paarmal öfter. Aber das ist in aller Regel nach 20 Minuten vorbei.“ Dann seien alle Zellen „durchreagiert“. Der Thermal Run away sei beendet.

Kühlen auf unter 80 °C

Anschließend werde nur noch gekühlt. „Dazu legen die Einsatzkräfte – sofern es entsprechende Zugangsmöglichkeiten gibt – ein Strahlrohr an den Unterboden“, so der Ingenieur. Ziel sei es, die Akkutemperatur stabil unter 80 °C zu bekommen. Zur Überprüfung kämen Wärmebildkameras zum Einsatz.

Hinderlich beim Kühlen ist die thermische Isolierung der Zellen. Um dieses Problem zu lösen, hat ein französischer Fahrzeughersteller vor Jahren den Fireman-Access entwickelt, also einen Anschluss für eine externe Löschmittelleitung. Das Konzept hat sich aber nicht durchgesetzt. Emrich: „Hier fehlt es an einheitlichen Standards. Außerdem: Der Zugang nutzt nichts, wenn er nach dem Unfall nicht zugänglich ist – etwa, weil das Fahrzeug an der entsprechenden Stelle demoliert ist.“

Wasser. Viel Wasser.

Als optimales Löschmittel gilt Wasser. Viel Wasser. „Das mag mancher für langweilig halten“, so Emrich. „Es gibt aber nichts besseres.“ Schaummittel seien nur angeraten, wenn zusätzlich Flüssigkeiten oder bestimmte Kunststoffe brennen würden.

Vom „kontrollierten, beaufsichtigten Abbrennen“ eines Havaristen will der Experte nichts hören. „Wir versuchen stets zu retten, was noch zu retten ist. Außerdem wollen wir die Entstehung giftiger Gase weitmöglichst eindämmen.“

Wassercontainer meist unnötig

Das in den Medien oft gezeigte Verfrachten des gelöschten Fahrzeugwracks in wasserbefüllte Container ist nach Einschätzung Emrichs in aller Regel unnötig. „Wenn das 80-°C-Ziel erreicht ist, darf das Fahrzeug als gesichert angesehen werden.“

Rückentzündungen treten seltenst auf

Für Abschleppunternehmen, die sich dennoch Sorgen machen, gebe es spezielle Abdeckplanen. Außerdem seien die Firmen verpflichtet, die abgebrannten Fahrzeuge auf einem Havarieplatz zu lagern – also mindestens 10 m entfernt von Gebäuden. „Sollte es entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch mal zu einer Rückentzündung kommen, würde die Feuerwehr einfach noch mal anrücken“, so Emrich. In der Praxis träten entsprechende Fälle seltenst auf.

„Diskussion ist übertrieben“

Insgesamt hält der Münchener die Diskussion um brennende E-Fahrzeuge für übertrieben. „Das ist fast wie in den 90er-Jahren, als die Airbags aufkamen. Sie galten anfangs als lebensbedrohlich für Einsatzkräfte, falls sie nach einem Unfall noch nicht ausgelöst waren. Es wurden sogar Oktopusse an den Lenkrädern angebracht.“ Gemeint sind Spannsysteme, die nachträglich aktivierte Luftsäcke im Zaum hätten halten sollen. „Heute sind etliche Airbags an unterschiedlichen Stellen in die Fahrzeuge integriert. Da fragt aber keiner mehr nach. Die Bedenken haben sich nicht bestätigt, die Systeme funktionieren sicher. Man hat gelernt, mit der neuen Technologie umzugehen.“

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