Pharmaforschung 24. Okt. 2024 Von Bettina Reckter Lesezeit: ca. 2 Minuten

Mit Mikroalgen gegen HIV- und Corona-Viren

Forschende der Hochschule Anhalt sind bei ihrer Suche nach neuen Wirkstoffen auf ein von Mikroalgen produziertes Protein gestoßen, das HIV- und Corona-Viren außer Gefecht setzen kann.

Mikroalgen können sich mit einem bestimmten Protein erfolgreich gegen HIV- oder Corona-Viren wehren. Das nutzt ein Team der Hochschule Anhalt, um neue Pharmawirkstoffe zu entwickeln.
Foto: Robin Ritter

Mikroalgen scheinen einen eigenen Immunschutz gegen Viren zu besitzen, so jedenfalls vermuten es Wissenschaftler weltweit. Denn die Lebewesen verteidigen sich seit Millionen Jahren erfolgreich gegen Angriffe aller Art, etwa auch durch Viren. Dadurch könnten sie sogar gute Lieferanten für potenzielle Wirkstoffe gegen Krankheitserreger sein.

Forschende der Algenbiotechnologie und Wirkstoffbiochemie der Hochschule Anhalt gehen dieser Frage im Rahmen des Projekts Aviral nach. Dabei orientieren sie sich zunächst an der Makroalge Griffithsia. Dass diese mit einem bestimmten Protein aus der Klasse der Lektine, dem Griffithsin, Viren abwehren kann, haben bereits klinische Studien bewiesen. Das Griffithsin heftet sich an die Hülle der Viren und macht sie unschädlich. Gezeigt wurde das bereits bei HIV- und bei SARS-CoV-2-Viren, also den Corona-Erregern.

„Wir haben bereits durch Genomanalysen in Mikroalgen viele Proteine entdeckt, die dem Griffithsin sehr ähnlich sind“, erklärt Stephan Schilling von der Hochschule Anhalt, der hier zu naturnahen Therapeutika in enger Kooperation mit der Algenbiotechnologie forscht. „Wenn wir nachweisen können, dass dahinter tatsächlich Lektine mit Schutzfunktionen stecken, lassen sich daraus ganz neue Wirkstoffe entwickeln.“

Vom Wirkstoff zum Nasenspray

Das Team erzeugt einen genetischen Fingerabdruck von Griffithsin, der wie ein Navigator in Datenbanken zu den Mikroalgen führen soll, deren Genom ähnliche Lektine aufweist. Gleichzeitig werden vielversprechende Mikroalgen in den Laboren der Hochschule gezielt gezüchtet. „Aus unserer langjährigen Forschung wissen wir bereits, dass dafür Rotalgen, aber auch Kieselalgen infrage kommen“, sagt Carola Griehl, Gründerin und Leiterin der Algenbiotechnologie in Köthen.

Die nächsten Schritte der Wirkstoffforscher, sobald sie die lektinbildenden Mikroalgen gefunden haben, sind dann die Isolierung und Charakterisierung der Substanzen. Anschließend müssen die Proteine ihre Wirksamkeit gegen ausgewählte Viren unter Beweis stellen. Mit Förderung durch die EU sowie durch das Land Sachsen-Anhalt könnten so neue pharmazeutische Produkte hergestellt werden – etwa in Form von Nasensprays. Um neue Algenwirkstoffe entwickeln zu können, gründeten Schilling und Griehl bereits 2021 das Zentrum für Naturstoff-basierte Therapeutika (ZNT) der Hochschule.

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