Zerspanung 02. Feb 2023 Von Stefan Asche

Schwingungen am Werkzeug erhöhen die Produktivität

Forschende am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU erzeugen gezielt Schwingungen an Bohrern und Schneiden, um deren Standzeit zu erhöhen und die Bearbeitungszeit zu verkürzen. Erzeugt werden die Schwingungen im Werkzeughalter.

Die Werkzeughalterung überträgt hochfrequente Schwingungen an den Bohrer. Dadurch erhöht sich dessen Standzeit.
Foto: Fraunhofer IWU

Beim Bohren und Tiefbohren erhöhen hochfrequente Schwingungen im Ultraschallbereich (ab 16 kHz) die Produktivität und Prozesssicherheit. Die Ultraschallschwingungen führen in bestimmten Materialien (etwa Kupfer- oder Aluminiumlegierungen) zu werkstofftechnischen Effekten, wodurch die Zerspanungskräfte deutlich sinken. Dadurch können die Schnittwerte erhöht und Kosten gesenkt werden. Ein Beispiel: Bei einem Maschinenstundensatz von 130 €, einer jährlichen Planbelegungszeit von 6000 Stunden sowie einem Hauptzeitanteil des Bohrens von 35 %, führt eine 40%ige Erhöhung von Drehzahl oder Vorschub zu einer Produktivitätssteigerung von 10 % oder Einsparungen in Höhe von 78 000 €. Werden diese Schnittparameter um 100 % erhöht, können sogar 136 000 € Betriebskosten eingespart werden.

Das Entgraten kann obsolet werden

In einigen Anwendungsfällen haben die Schwingungen positive Auswirkungen in Bezug auf die Gratbildung. Diese wird durch die Reduzierung der Vorschubkraft so weit vermindert, dass das Entgraten entweder beschleunigt oder sogar ganz entfallen kann. Beim Tiefbohren sorgt die Ultraschallunterstützung für einen verbesserten Spanabtransport und mehr Prozesssicherheit. Durch die genannten werkstofftechnischen Effekte wird der für die Qualität bestimmende Mittenverlauf verringert. Die Ultraschallschwingung modifiziert zusätzlich Reibungskontakte in der Zerspanungszone und damit den Werkzeugverschleiß: die Werkzeugstandzeit steigt laut Fraunhofer IWU signifikant.

Das Werkzeug klingt nach Verschleiß: KI hört Fehler bei der Zerspanung

In bestimmten Anwendungen, etwa bei der Zerspanung von schwer spanbaren Materialien wie Nickelbasislegierungen, ermöglicht erst die Ultraschallunterstützung eine ausreichende Prozessfähigkeit, akzeptable Werkzeugstandzeiten und damit eine wirtschaftliche Fertigung.

Beim Drehen sind Schwingungen im niederfrequenten Bereich hilfreich

Ein schwingendes Werkzeug begünstigt den Spanbruch. Lange Späne (wie im Bildhintergrund) oder gar Spannester werden dadurch verhindert. Foto: Fraunhofer IWU

Bei Zerspanungsprozessen mit kontinuierlichem Schneideneingriff, wie dem Drehen, ist der Spanbruch eine große Herausforderung. In der Serienfertigung führen Störgrößen wie Werkzeugverschleiß oder Chargenschwankungen dazu, dass oft kein prozesssicherer Spanbruch eingestellt werden kann. Lange Späne und Wirrspäne können die Werkstücke beschädigen und führen zur Bildung von Spänenestern, welche den Spänefluss stören. Solche Spänenester müssen manuell beseitigt werden, was nur bei Maschinenstillstand möglich ist. Wird der Spanbruch nicht beherrscht, ist in einigen Fällen sogar der Fertigungsprozess nicht automatisierbar. Durch die Schwingungsunterstützung mit bis zu 100 Hz und 0,6 mm Schwingweite entstehen prozesssicher kurze und definiert gebrochene Späne. Wo Drehmaschinen bisher selbst in der Serienfertigung mehrere Minuten pro Stunde gestoppt werden mussten, verursacht der Spanbruch nun keine Produktionsunterbrechungen mehr.

Start-up VibroCut soll die Technologie vermarkten

Das künftige VibroCut-Team (v.l.n.r.): Carlo Rüger (zerspanungstechnische Prozesse), Oliver Georgi, (Geschäftsführung), Viola Lehmann (kaufmännische Leitung) und Martin Schwarze (Entwicklung). Foto: Fraunhofer IWU

Die Technologie stößt laut Fraunhofer IWU in der Industrie auf großes Interesse. Deshalb wird sie künftig vom Start-up VibroCut vermarktet. Die Fraunhofer-Ausgründung wird Schwingsysteme vertreiben, die als Funktionserweiterung für bestehende Werkzeugmaschinen nachgerüstet werden können. Darüber hinaus wird das Unternehmen Dienstleistungen wie kundenspezifische Technologieentwicklung, Maschinenintegration und Schulungen anbieten, seine Kunden also mit Komplettlösungen für die schwingungsunterstützte Zerspanung unterstützen. Der Markteinstieg erfolgt für die Verfahren des Bohrens und Drehens. Das Unternehmen wird sich jedoch nicht auf einzelne Marktnischen beschränken, sondern künftig weitere Anwendungen in unterschiedlichen Zerspanungsprozessen abdecken.

Werkzeugmaschinen: Neue Technologien sorgen für mehr Präzision

Großes Marktpotenzial sieht VibroCut in der Automobil- und Zuliefererindustrie, im Maschinenbau oder in der Luft- und Raumfahrttechnik. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert VibroCut im Rahmen von „Exist“, einem Programm zur Unterstützung herausragender forschungsbasierter Gründungsvorhaben. Die Unternehmensgründung ist für Mitte 2023 vorgesehen.

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