Mai zwölfter Monat in Folge mit Hitzerekord 05. Jun 2024 Lesezeit: ca. 4 Minuten

Erderwärmung: Ein ganzes Jahr mit Rekordtemperaturen

Ein Ende der immer neuen und höheren Rekorde bei Treibhausgasemissionen und Temperaturen gleichzeitig ist nicht abzusehen. Währenddessen betreibt die Politik Klimaschutz mit angezogener Handbremse. Eine Analyse.

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Symbolbild einer ausgetrockneten Erde in einer trockenen Landschaft mit rissigem Boden bei Sonnenuntergang. Die globale Erwärmung schreitet den wissneschaftlichen Daten zufolge mit großen Schritten voran. So rasch wie nie zuvor, seit dem wir Menschen dazu Daten erheben.
Foto: PantherMedia / vencav

Während in Bonn Klimadiplomaten aus aller Welt tagen, um die Weltklimakonferenz im Herbst in Baku (COP29) vorzubereiten, verdeutlicht der europäische Geo-Satellitendienst Copernicus, warum Eile mehr als geboten ist: Der Mai 2024 ist der zwölfte Monat hintereinander, der einen Rekord bei der globalen Mitteltemperatur aufweist. Das heißt: ein Jahr Rekordtemperaturen weltweit.

Es handelt sich, so der Copernicus Climate Change Service (C3S), „um den wärmsten Mai seit Beginn der Aufzeichnungen mit einer globalen Oberflächenlufttemperatur, die 0,65 °C über den Durchschnittswerten von 1991 bis 2020 lag. Basierend auf den ERA5-Daten, handelt es sich somit um den zwölften Monat in Folge, in dem die globale Durchschnittstemperatur einen Rekordwert für den entsprechenden Monat erreicht.“ Mit ERA5 bezeichnet Copernicus die fünfte Generation seines Reanalysetools für die Klimaperiode von 1940 bis heute. Reanalyse kombiniert wetterhistorische Daten mit heutigen Wettermodellen, um ein möglichst gutes Bild auch der vergangenen Wetterperioden zu erhalten. Nur so sind die Vergleiche der heutigen und damaligen Wetter- und Klimalage möglich.

„Es ist schockierend, aber nicht überraschend, dass wir diese zwölfmonatige Serie erreicht haben“, sagt C3S-Direktor Carlo Buontempo. Diese Abfolge von Rekordmonaten werde irgendwann wieder unterbrochen werden. „Aber die allgemeinen Anzeichen des Klimawandels bleiben bestehen und es ist keine Änderung dieses Trends in Sicht.“

Dichte Folge von Wetterkatastrophen und Wärmerekorden

Neben vielen anderen Ergebnissen zeige dieser neue Bericht, dass „mindestens eines der nächsten fünf Jahre wahrscheinlich das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen sein wird – und damit auch den bisherigen Rekord des Jahres 2023 einstellen wird.“ Die schlechten Meldungen in Sachen Klima und Wetter reißen in dieser Woche nicht ab. In Bonn am Rhein können sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der COP29-Vorbereitungskonferenz höchstpersönlich vom kommenden Hochwasser überzeugen, weil in Süddeutschland die Menschen mit Rekordfluten nach tagelangem Starkregen zu kämpfen habe. Gleichzeitig gibt es in Südosteuropa erste Hitzerekorde für dieses Jahr: Laut Deutscher Presseagentur meldet das griechische Wetteramt in drei Regionen des Landes für den Dienstag (4. Juni 2024) über 39 °C; in Zypern gibt es eine „extreme Hitzewarnung“, weil 44 °C erreicht werden können. Auch in der Türkei drohte eine Hitzewelle.

In Mitteleuropa erreicht die Nordsee Rekordwerte: So warm wie 2023 war sie noch nie, teilte das Alfred-Wegener-Instituts (Awi) in Bremerhaven mit. Das hätten Messungen der Biologischen Anstalt Helgoland ergeben. Eine mittlere Wassertemperatur von knapp 11,9 °C, dem Awi zufolge ist das seit Meßbeginn 1962 die bisher höchste ermittelte Temperatur. Ursache, so das Awi: der Klimawandel. Auch Januar, Februar, März und April 2024 gehörten im Mittel zu den jeweils zehn wärmsten Monaten seit 1962.

Die Erde heizt sich so schnell auf wie nie zuvor

Gleichzeitig veröffentlichte das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin eine Studie, die belegt, dass die menschengemachte Erderhitzung so schnell zulegt wie noch nie. Die Erderwärmung schreitet „mit 0,26 °C pro Jahrzehnt voran – der höchsten Rate seit Beginn der Aufzeichnungen“, so das MCC. Das hätten die Studie „Indicators of Global Climate Change“ (IGCC) eines internationalen Teams unter Leitung der University of Leeds von über 50 führenden Forscherinnen und Forschern ergeben. „Die globalen Oberflächentemperaturen 2023 lagen um 1,43 °C über dem vorindustriellen Niveau, wovon 1,3 °C aus menschlichen Aktivitäten resultieren“, so das MCC weiter.

Ursache seien die anhaltend hohe Treibhausgasemissionen von weltweit 53 Mrd. t CO2-Äquivalenten pro Jahr. Ozeanbojen und Satelliten verfolgten „einen nie dagewesenen Wärmestrom in die Ozeane, Eiskappen, Böden und die Atmosphäre. Dieser Wärmestrom sei um die Hälfte stärker als im langjährigen Durchschnitt.

„Die Analyse erscheint zur Bonner Vorkonferenz für den Weltklimagipfel COP29 in Aserbaidschan“, erklärt Jan Minx, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Angewandte Nachhaltigkeitsforschung und ein Co-Autor der Studie. „Mit diesem zweiten Daten-Update wollen wir die Informationslücke schließen helfen, zumal sich die Klimaindikatoren schnell ändern.“ Denn der nächste turnusmäßige IPCC-Klimabericht erscheint erst 2027, die aktuelle Entwicklung aber schreitet rasch voran, weshalb sich die Forscherinnen und Forscher des IGCC im letzten Jahr erstmals entschlossen hatten, einen jährlichen Bericht herauszugeben. Ihm zufolge ist das im Pariser Weltklimaabkommen notierte 1,5-Grad-Limit so gut wie überschritten. Die zentrale Schätzung für das CO2-Restbudget, dessen Freisetzung die Erderhitzung noch mit 50 % Wahrscheinlichkeit auf 1,5 °C begrenzt, beträgt für Anfang 2024 etwa 200 Gt. Das, so das MCC, seien 60 % weniger als 2020, als der IPCC es auf rund 500 Gt bezifferte.

Bundesregierung wird Klimaschutzziele 2030 verfehlen, das neue Klimaschutzgesetz taugt nicht

Gleichzeitig bescheinigte der Expertenrat für Klimafragen zu Wochenbeginn am 3. Juni 2024 der Bundesregierung, dass das im Klimaschutzgesetz vorgegebene Emissionsbudget für den Zeitraum 2021 bis 2030 laut den Projektionsdaten 2024 nur sehr knapp eingehalten würde. „Die kumulierten Zielverfehlungen der Sektoren Verkehr und Gebäude würden durch Übererfüllungen in anderen Sektoren, insbesondere der Energiewirtschaft und in geringerem Maße der Industrie, ausgeglichen.“ In diesem Jahr das Ziel knapp erreicht, aber: „Nach Prüfung der Daten bestätigt der Expertenrat, dass die Gesamtemissionen bis 2030 substanziell sinken werden, allerdings vermutlich weniger stark als in den Projektionsdaten ermittelt. Der Expertenrat hält die projizierten Emissionen in den Sektoren Energie, Gebäude und Verkehr sowie – mit Einschränkungen – auch in der Industrie für unterschätzt“, so Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrats. „In Summe können wir die von den Projektionsdaten 2024 ausgewiesene kumulierte Zielerreichung für die Jahre 2021 bis 2030 nicht bestätigen, sondern gehen im Gegenteil von einer Zielverfehlung aus.“

Die Gründe, warum das neue Klimaschutzgesetz scheitern wird, liefern die Expertinnen und Experten in dem Sondergutachten gleich mit:

Abwarten, so ist die Botschaft des Expertenrats, sollte die Bundesregierung nicht. „Vor diesem Hintergrund empfehlen wir, dennoch nicht auf das abermalige Eintreten einer Zielverfehlung zu warten, sondern die zeitnahe Implementierung zusätzlicher Maßnahmen zu prüfen. Dies gilt umso mehr, da wir bei unserer Analyse der Projektionsdaten 2023 bereits letzten Sommer eine solche Zielverfehlung festgestellt haben„, merkt die stellvertretende Vorsitzende, Brigitte Knopf, an und ergänzt: „Der Fokus sollte hier auf den beiden für die europäische Lastenteilung relevanten Sektoren Gebäude und Verkehr liegen, die zudem die größten Zielüberschreitungen aufweisen.“

Die Sektoren und ihre Performance in Sachen Klimaschutz wird die Bundesregierung also nicht los, auch wenn sie im neuen Klimaschutzgesetz die gesetzliche verbindlichen Sektorenziele kassiert hat. In den Sektoren Verkehr und Gebäude hat sich am wenigsten getan und dort liegen die größten Reduzierungspotenziale für Treibhausgasemissionen. Heißt auch: die Tonne CO2-Emissionen zu vermeiden ist dort noch am preiswertesten. Es ist also eine Sache der Ökonomie, dort anzusetzen, auch wenn der gesetzlich verpflichtende Hebel fehlt.

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