Umwelt 20. Mrz 2015 Ralph H. Ahrens Lesezeit: ca. 3 Minuten

Missstände beim Batterierecycling in Afrika

Mal mit, mal ohne: Einfache Schutzmaßnahmen wie Atemmasken und Handschuhe erhalten die Arbeiter in Bleihütten nur selten. Zum Teil nehmen sie sogar inmitten der Bleidämpfe ihr Mittagessen ein.
Foto: Öko-Institut

Starterbatterien haben in Afrika einen hohen Wert. Bleihütten zahlen für die Bleibatterie eines Pkw je nach Größe 8 € bis 12 €, für Batterien aus großen Lkw sogar bis zu 25 €, weiß Andreas Manhart. „Das Recycling von Bleibatterien ist dort ein wachsender Markt“, erklärt der Geograf vom Öko-Institut Freiburg, der den schwarzen Kontinent seit 2009 mehrfach wegen Fragestellungen rund ums Recycling besucht hat. Wie in Europa sind auch in Afrika immer mehr Fahrzeuge unterwegs, weshalb dort auch Millionen alter Starterbatterien anfallen.

Doch es werde selten sachgemäß recycelt, bemängelt Manhart. Das beginne beim Sammeln. Händler durchkämmen das Land nach Batterien und kippen die Schwefelsäure meist einfach vor Ort aus. Dadurch gelangt auch Bleischlamm, der bleihaltige Bodensatz alter Batterien, auf den Boden. Die dann bis zu 15 % leichteren Batterien lassen sich mit weniger Aufwand mit Karren oder im Bus zum Umschlagplatz bringen.

Lkw transportieren die Batterien später zu den Schmelzhütten. Der Geograf kennt rund zwei Dutzend, die im großen Stil Fahrzeugbatterien recyceln. Sie sind regulär bei Behörden in Äthiopien, Ghana, Kamerun, Mosambik, Namibia, Nigeria, Senegal und Tansania als Industriebetriebe registriert.

Hinzu kommen unzählige Firmen und Hinterhofbetriebe, die Batterien aufschlagen, die Säure abgießen und das Blei teils über offenem Feuer einschmelzen. Die gegossenen Bleibarren werden fast ausnahmslos per Schiff nach Asien oder Europa ausgeführt.

„Die Zustände in den Bleihütten sind katastrophal“, kritisiert Manhart. Er konnte im Mai 2014 eine solche in Tema, einer Hafenstadt nahe der ghanaischen Hauptstadt Accra, besichtigen. „Die Menschen arbeiten ohne Handschuhe und Mundschutz.“

Am Schmelzofen, wo das etwa 330 °C heiße flüssige Blei abgestochen wird, atmen die Arbeiter die Dämpfe direkt ein. Filterstaub aus der Abluftreinigung schaufeln sie ohne Atemschutz in Säcke, dabei sind sie in dichte bleihaltige Staubwolken gehüllt.

„Die Arbeiter essen auch inmitten der Staublandschaft ihr Mittagessen“, beschreibt Manhart den Alltag. Dabei sind Bleistäube besonders bedenklich, da sie über Atemluft und Nahrung direkt aufgenommen werden. Er geht davon aus, dass viele Arbeiter unter chronischer Bleivergiftung leiden – und einige daran sterben.

Offizielle Angaben fehlen. Bleivergiftungen würden oft übersehen oder falsch diagnostiziert, meint Manhart. Sie können leicht mit anderen Krankheiten verwechselt werden, da zu den ersten Symptomen Müdigkeit und Gliederschmerzen zählen. Da Arztbesuche teuer und Blutuntersuchungen nicht Teil der ärztlichen Routine sind, würde sich die Diagnose zusätzlich verzögern.

Das Gesundheitsrisiko beschränkt sich aber nicht auf den Arbeitsplatz. Kommen die Arbeiter mit ihrer staubigen Kleidung nach Hause, belasten sie unbewusst ihr Umfeld. „Kinder sind am stärksten gefährdet“, sagt Manhart. Ihr Organismus reagiere besonders stark auf das Blei. Fehlbildungen des Gehirns sind möglich.

Diese Gesundheitsgefahren sind meist unbekannt, weiß Manhart nach Gesprächen mit Behörden mehrerer afrikanischer Länder. Zudem hätten die Verwaltungen, die sich mit Arbeits- oder Umweltschutzbelangen befassen, weniger zu sagen als jene, die sich um die Ansiedlung von Industriebetrieben kümmern.

Die Eigentümer der Hütten scheinen sich wenig um das Wohl ihrer Mitarbeiter und der Anwohner zu kümmern. Das jeweilige Werksgelände ist oft hinter Stacheldraht und hohen Mauern verborgen. Bei den hohen Arbeitslosenquoten sind viele Männer froh, Arbeit in einer Bleihütte zu finden.

Dabei ließe sich die Bleibelastung auch in Afrika durch simple Maßnahmen deutlich verringern, sagt Manhart. Dazu zählen das Tragen von Schutzkleidung und das regelmäßige feuchte Reinigen des Werksgeländes. Auch sollte mit Bleischrott über offenen Wasserbädern gearbeitet werden, damit die Partikel ins Wasser fallen und nicht als Staub emittieren. Das Wasser müsse dann natürlich regelmäßig filtriert werden.

„Durch Information der Öffentlichkeit kann die Situation verbessert werden“, ist Manhart überzeugt. Damit über Gefahren durch unsachgemäßes Handling von Blei künftig öffentlich diskutiert wird, kooperiert das Öko-Institut seit Anfang des Jahres mit Umweltgruppen aus Äthiopien, Kamerun und Tansania. Sie sollen – unterstützt von Spendengeldern aus Deutschland – das Recycling von Bleibatterien beleuchten und auf Missstände aufmerksam machen.

Dass öffentlicher Druck in Afrika wirkt, zeigt ein Beispiel aus Kenia. Am Rande von Mombasa am Indischen Ozean schmolz das kenianische Unternehmen Metal Refineries EPZ seit 2007 Bleibatterien ein. Anwohner der Gemeinde Owino Uhuru, in der 3000 Menschen leben, berichteten Human Rights Watch von Babys, die seitdem missgebildet geboren wurden, und setzten sich zu Wehr.

2009 gründete sich die Organisation „Center For Justice Governance and Environmental Action“ (CJGEA). Nach Angaben der Gründerin Phyllis Omido wurden in Blutproben von 70 Bewohnern sehr hohe Bleiwerte gefunden, fünf Menschen seien sogar an einer Bleivergiftung gestorben. Nachdem die Regierung dem Unternehmen aufzeigte, gegen Gesetze verstoßen zu haben, schloss es die Hütte im März 2014.

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