Klimaforschung 20. Mrz 2023 Von Holger Kroker

Warum die Kipppunkte für das Klima so wichtig sind

Der Begriff der Kipppunkte ist für das Klimasystem der Erde wissenschaftlich von zentraler Bedeutung. Aber in den letzten Jahren hat sich der Begriff in der Klimadebatte verselbstständigt. Zeit für eine Klarstellung.

Blaues Gletschereis im Meer: Ob rund um Grönland oder in der Antarktis – die beiden großen Landmassen tragen riesige Eisschilde; Gletscher enden dort oft im Meer. Würden diese Eismassen abschmelzen, hätte dies massive Auswirkungen auf das Klimasystem der Erde. Der Punkt, ab dem dies unwiederbringlich passiert, bezeichnet die Klimaforschung als Kipppunkt oder Kippelement des Klimasystems.
Foto: PantherMedia / GUDKOVANDREY

„Das Konzept ist wahnsinnig populär, aber ich würde es am liebsten tilgen.“ Wenn es um Kipppunkte im Klimasystem geht, kann Jochem Marotzke diesen Stoßseufzer nicht unterdrücken. Was der Begriff bedeutet, hängt oft von der Person ab, die ihn benutzt. Die grobe Gemeinsamkeit ist, dass sich kleine Veränderungen an bestimmten Punkten ungewöhnlich stark auswirken, etwa ein Tropfen, der ein Fass zum Überlaufen bringt. Im Zusammenhang mit Klima ist der Begriff aber nach dem Geschmack von Marotzke, Direktor am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie, zu beliebig geworden. Denn er weiß: „Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt nahe null.“

Dass der Begriff trotzdem oft verwendet wird, liegt daran, dass er zu einprägsam ist, zu groß seine Wirkung in der öffentlichen Debatte. Das kommt Stefan Rahmstorf zufolge nicht von ungefähr. „Der Begriff bezeichnet einfach sehr politikrelevante Risiken.“ Und angenommen, es gibt solche Punkte beim Klima, dann macht es politisch viel Sinn etwas zu verändern, bevor sie erreicht werden, weil es danach ungleich aufwendiger wird. Der Abteilungsleiter beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) war vor rund 15 Jahren einer derjenigen, die das Konzept in der Klimaforschung populär machten.

Neue Studie: Temperaturen sind global über das Klima gekoppelt

Die grundlegende Definition ist nach wie vor unumstritten, wird auch vom Max-Planck-Forscher Marotzke unterstützt. Im Fachjargon lautet sie: Ein Kipppunkt bezeichnet einen kritischen Schwellenwert im System, bei dessen Überschreiten es sich von einem Zustand in einen anderen bewegt. In ihrem bahnbrechenden Artikel von 2008 hatten Rahmstorf und seine Kollegen neun solcher Kippelemente aufgezählt. Ein Aufsatz in „Science“ aus dem vergangenen Herbst listet neun globale und sieben regionale Elemente auf, im aktuellen 6. Bericht des Klimafolgenrats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) sind es 15. „Das hängt immer davon ab, welches Kriterium man anlegt“, erklärt Stefan Rahmstorf.

Klima: Wissenschaft ist sich nicht ganz einig, welche Kipppunkte wie wichtig sind

Bei näherem Ansehen hört die Einigkeit schnell auf. Daher stellen sich folgende Fragen:

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