Gießereiindustrie 06. Feb 2023 Von Iestyn Hartbrich Lesezeit: ca. 3 Minuten

Wasserstoff, Elektrifizierung und Co.: So sollen Gießereien klimaneutral werden

Der Gießereiverband BD Guss hat Technologiepfade untersucht, mit denen die Unternehmen ihre CO2-Ziele erreichen sollen.

Rund 2,5 % der deutschen CO2-Industrieemissionen gehen aktuell auf die Gießereiindustrie zurück.
Foto: HegerGuss

Derzeit entfallen 2,5 % der industrieweiten CO2-Emissionen in Deutschland auf die Gießereien. Politisch sind diese verpflichtet, ihren Ausstoß gegenüber 2020 um 37 % zu reduzieren, 2045 sollen die Gießereien klimaneutral sind, also im Ergebnis einer bilanziellen Rechnung kein zusätzliches CO2 ausstoßen.

Mit welchen Technologien diese Ziele zu erreichen sind, das haben nun der Branchenverband BD Guss (BDG), die BDG Service GmbH und das VDEh-Betriebsforschungsinstitut im Rahmen des Forschungsprojekts „InnoGuss – Entwicklung von innovativen Transformationspfaden zur Dekarbonisierung der Gießerei-Industrie in NRW“ gemeinsam untersucht. Dabei wurden vier Technologiepfade analysiert: Elektrifizierung, Wasserstoff, Biomasse, CO2-Abscheidung nebst Nutzung oder Lagerung (CCUS).

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Lassen sich die Schmelzöfen elektrifizieren?

Der BDG nennt die Elektrifizierung einen „technisch herausfordernden,aber in vielen Fällen realisierbaren Technologiepfad“. Je nach Prozess böten sich als elektrische Einschmelzaggregate Induktions- oder Lichtbogenöfen an, ein drittes Verfahren sei die Widerstandserwärmung. Die Elektrifizierung sei jedoch mit hohen Investitionen und höheren Betriebskosten verbunden – gemessen an der heutigen kohle- und erdgasbasierten Gießereiproduktion.

Welche Rolle kann Wasserstoff spielen?

Wasserstoff ist laut der Studie grundsätzlich geeignet, Erdgas in vielen Prozessen zu substituieren, insbesondere in der Pfannenwirtschaft, wo heute Erdgasbrenner zum Einsatz kommen. In einer Mitteilung der BDG heißt es aber auch: „Im konventionellen Gießereiprozess werden keine Prozesse mit Wasserstoff betrieben.“ In vielen Fällen müssten also neue Aggregate und/oder Betriebsweisen entwickelt werden.

Das zentrale Hemmnis zur Umstellung auf Wasserstoff ist laut BDG die Verfügbarkeit des Brennstoffs. Die benötigten Mengen können demnach in vielen Fällen nur über Pipelines bereitgestellt werden. Pipelineanschlüsse sind allerdings nur in wenigen Gegenden (zum Beispiel im Ruhrgebiet) zeitnah zu erwarten. „Nach aktueller Einschätzung wird Wasserstoff in der Gießerei-Industrie kurzfristig nur in Einzelfällen eingesetzt werden können“, heißt es beim BDG.

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Wo kann Biomasse eingesetzt werden?

Laut BDG ergeben sich Einsatzmöglichkeiten vor allem für die sogenannte schwarze Biomasse (zum Beispiel karbonisierte Holzschnitzel). Die können in Thermoprozessen nicht genutzt werden, wohl aber in Kupolöfen. Voraussetzung dafür, dass die Biomasse ähnlich wie die Kokskohle eine mechanische Stützfunktion im Ofen übernehmen kann. Angaben des BDG zufolge kann Biomasse in den meisten Öfen 20 % der Kokskohle ersetzen, unter optimalen Bedingungen seien maximal 40 % möglich.

Hemmnisse sieht der BDG in der Verfügbarkeit der Energieträger und in der EU-Regulatorik für biogene Materialien. Die biogenen Rohstoffe müssten überwiegend importiert werden. Karbonisierung und Brikettierung seien aufwendig und teuer. Hinzu komme, dass die EU eine Nutzung von biogenen Kohlenstoffträgern in Gießereien erst am Ende des Lebenszyklus erlaube. Heißt: Die Nahrungs- und Futtermittelproduktion hat Vorrang gegenüber energetischer Nutzung und Verbrennung.

CCS/CCUS: CO2-Speicherung eine (Schein-)Alternative?

Hier geht es um Verfahren, CO2 aus den Gießereiabgasen abzutrennen, und anschließend chemisch zu nutzen oder im Boden einzulagern. Für das Jahr 2050 geht der BDG von CO2-Vermeidungskosten zwischen 178 € und 379 € je Tonne CO2 aus. „Vor diesem Hintergrund erscheint die Kohlenstoffabscheidung und -nutzung oder -speicherung aus wirtschaftlichen Gründen wenig lukrativ und kommt vorrangig für tatsächlich unvermeidbare Emissionen anderer Industriesparten infrage“, heißt es in einer Mitteilung des Verbands.

Fazit

Nach Einschätzung der Innoguss-Projektpartner wird die Elektrifizierung „maßgebliches Rückgrat“ der Transformation in der Gießerei-Industrie sein. Entsprechende Technologien böten sich schon jetzt zur Umsetzung in allen Gießereien an und wiesen die größte technische Reife auf. Der Technologiepfad Wasserstoff stellt demnach eine weitere „weitreichende Option“ dar.

Sowohl bei der Biomasse als auch bei CCUS sehen die Projektpartner weniger konkrete Umsetzungspotenziale. „Die Technologiepfade Biomasse und CCUS unterliegen derzeit der größten Unsicherheit insbesondere hinsichtlich politischer Rahmenbedingungen“, schreibt der BDG in einer Mitteilung.

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