Sprechercoach widerspricht Rhetoriktrainern 08. Okt 2021 Von Peter Steinmüller Lesezeit: ca. 2 Minuten

Michael Rossié: Bei einer Rede kann man nichts falsch machen

Die klassischen Regeln der Rhetorik haben ausgedient, sagt der Sprechercoach Michael Rossié im Karrierepodcast Prototyp. Sein Credo: „Eine Rede sollte einer Unterhaltung ähnlich sein.“

„Was die Hände während des Vortrags machen, ist vollkommen egal", widerspricht Sprechercoach Michael Rossié den gängigen Ratschlägen der Rhetoriktrainer.
Foto: Armin Zedler

Viele bekommen schon feuchte Hände, wenn sie nur an ihren bevorstehenden Auftritt vor Publikum denken, etwa weil sie eine Präsentation halten müssen. Diese Angst lässt sich überwinden, sagt Rossié, indem man sich stets das Ziel des Vortrags vor Augen hält: Das kann ein Karrieresprung sein oder der Stolz, anderen Menschen die eigenen Arbeitsergebnisse zu präsentieren. Es kann aber auch einfach der Wunsch sein, jemandem eine Freude zu bereiten, so Rossié: „Ist jemand nervös, weil er auf einer Geburtstagsfeier eine Rede halten soll, rate ich ihm: ,Dann halte doch keine Rede, sondern verschenke ein Fotoalbum.‘ Dann kommt prompt die Antwort: ‚Ich will aber eine Rede halten!‘ Wenn jemand das wirklich will, dann muss er in Kauf nehmen, dass er oder sie möglicherweise verquält lächelt, dass er Aussetzer hat.“ Dieses Ziel, eine Freude zu bereiten, überwiege alles, was an Peinlichkeiten während des Auftritts passiere.

Die Irrlehren der Rhetoriktrainer

Hart geht Michael Rossié mit Rhetorikseminaren ins Gericht: „Unsere Kinder nehmen ihr Smartphone und nehmen ein Video auf. Die überlegen sich nicht einmal, ob sie sich vorher gekämmt oder ihre Körperhaltung korrigiert haben. Die jungen Leute machen uns vor, dass es beim öffentlichen Auftritt gar nicht auf die Tipps ankommt, die in Rhetorikseminaren vermittelt werden.“ Bestes Beispiel für die Irrlehren der Rhetoriktrainerinnen und -trainer ist deren Beharren auf den korrekten Einsatz der Hände, die demnach möglichst nicht in den sogenannten negativen und neutralen Zonen – also in Becken- und Hüfthöhe – verharren sollen.

Rossié argumentiert energisch gegen solche Ratschläge: „Was die Hände während des Vortrags machen, ist vollkommen egal. Der wichtigste Satz der Körperspracheexperten lautet: Der Körper kann nicht lügen. Wenn das aber stimmt, können Sie mit den Händen nichts falsch machen. Wir bemerken die Hände nur, weil wir uns plötzlich zum ersten Mal auf sie konzentrieren und denken: Was machen denn nun die Hände? Mein Tipp lautet: die Hände ganz schnell vergessen!“

Rossiés beruhigende Botschaft für alle Rednerinnen und Redner lautet: Sie können nichts falsch machen. „Das ist für mich die wichtigste Regel für die Bühne.“

„Prototyp“ ist der Karrierepodcast von ingenieur.de in Kooperation mit den VDI nachrichten.

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