Interview mit Richard David Precht 01. Apr 2022 Von Wolfgang Schmitz Lesezeit: ca. 4 Minuten

„Die Aufgabe besteht darin, dass Menschen nicht zu Handlangern moderner Technologien werden“

Die adäquate Antwort auf die Freiheiten, die eine digitale Welt bieten kann, wäre der Wandel von einer Arbeitsgesellschaft in eine „Sinngesellschaft“, schreibt der Philosoph Richard David Precht. VDI nachrichten erklärte er, auf welchen Säulen die neue Gesellschaft stehen könnte.

Richard David Precht hält es für falsch, die Mint-Fächer in den Schulen flächendeckend zu fördern, „schließlich braucht man keine schlechten Ingenieurinnen und Informatiker“.
Foto: Christian O. Bruch

VDI nachrichten: Herr Professor Precht, in Ihrem neuen Buch „Freiheit für alle“ schreiben Sie: „Ohne soziale und ökonomische Kreativität sowie den Mut zu echten Veränderungen dürften sich die befürchteten Szenarien von künftigen Verteilungskämpfen, aufflammendem Nationalismus, Massakern und Kriegen kaum verhindern lassen.“ Eine nahezu prophetische Aussage. Fühlen Sie sich jetzt auf traurige Art und Weise bestätigt?

Precht: Das hat sich nicht auf Auseinandersetzungen wie Kriege bezogen, sondern eher auf soziale Verteilungskämpfe. Es geht darum, dass wir zwei langfristige Probleme im 21. Jahrhundert haben, das eine ist die ökologische Herausforderung, das andere die soziale Ungleichheit. Diese beiden Probleme werden sich in diesem Jahrhundert nicht auflösen und langfristige Aufgaben bleiben.

Wir befinden uns im zweiten Maschinenzeitalter. Produktionsweisen, Arbeitsprozesse, Tätigkeitsfelder und Kommunikation verändern sich. Und dadurch auch grundlegend die Gesellschaft, schreiben Sie. Wer passt sich da eigentlich wem an? Wir der Technik oder die Technik uns?

Das ist eine große philosophische Frage. Es ist schwer, das in eine kurze Antwort zu fassen. In gewisser Hinsicht geschieht beides. Zunächst einmal wird sich der Mensch an die technischen Veränderungen anpassen, die wiederum wirtschaftliche Veränderungen nach sich ziehen. Industrielle Revolutionen bedeuten immer den Aufstieg bestimmter Branchen und den Niedergang anderer. Damit gehen Revolutionen der Arbeitswelt einher. Das ist jetzt, in der vierten industriellen Revolution, nicht anders. Man denke an die Bedeutungsverlagerung von Agrar- zu Industriestaaten Anfang des 19. Jahrhunderts mit gigantischen Veränderungen der Gesellschaft. Oder schauen wir zurück, wie sich die Gesellschaft durch die Verstädterung und die Massenproduktion während der zweiten industriellen Revolution verändert hat. Und immer sieht man: Die Menschen passen sich den wirtschaftlichen Gegebenheiten an, die durch die technischen Neuerungen ermöglicht wurden. Die wesentliche Aufgabe besteht darin, dass die Menschen nicht nur zu Handlangern moderner Technologien werden, sondern dass man die Technik so produktiv gestaltet, dass möglichst viele Menschen möglichst viel profitieren. Das ist dann der umgekehrte Anpassungsprozess.

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