Automation 28. Okt 2024 Von Martin Ciupek Lesezeit: ca. 3 Minuten

Roboterhund weist Bagger den Weg

Die autonome Dekontamination von lebensfeindlichen Umgebungen erfordert das Zusammenspiel vieler Technologien. In Bremen wurde jetzt der aktuelle Stand der Technik präsentiert.

Laufroboter Spot und Bagger ergänzen sich. Die vom Roboter gelieferten Geländedaten helfen dem Bagger, durch das schwierige Gelände zu manövrieren.
Foto: Andrea Fink/DFKI

Menschen in lebensfeindliche Umgebungen zu schicken, das ist keine gute Idee. Dennoch kann es notwendig sein, kontaminierte Areale zu reinigen und die gefährlichen Verunreinigungen sicher zu entfernen. Genau darum ging es am Robotics Innovation Center des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Bremen. Rund 50 Fachleute der Energie- und Altlastenbranche konnten sich in Live-Demonstrationen einen Eindruck davon machen, was Roboter bereits leisten können. Vor allem die Zusammenarbeit verschiedener Roboter und automatisierter Arbeitsmaschinen stand diesmal im Vordergrund.

Erkunden, kartieren und sammeln per Roboter

Das Szenario: Die Maschinen erkunden eine unbekannte Umgebung, kartieren und sammeln potenziell verseuchte Objekte ein, tragen Bodenschichten ab oder fräsen kontaminierte Oberflächen ab. Unterschiedliche Roboter kommunizieren dazu miteinander und lösen gemeinsam komplexe Dekontaminationsaufgaben.

Letztlich wollen Forscherinnen und Forscher eine durchgängig automatisierte Dekontaminationskette schaffen. Der Mensch soll nur noch den grundlegenden Auftrag erteilen, während die Maschinen dann selbstständig die notwendigen Arbeitsschritte planen und durchführen. Bis diese vollständige Automatisierung umgesetzt ist, sollen die im Kompetenzzentrum „Robotersysteme für die Dekontamination in menschenfeindlichen Umgebungen“ (Robdekon) entwickelten Technologien dazu beitragen, den Mensch aus der Gefahrenzone fernzuhalten.

Bereits seit 2018 wird im Rahmen des BMBF-Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ an konkreten Lösungen geforscht. Das Robdekon ist dabei eines von zwei Zentren für Robotersysteme. Es wird in der zweiten Förderphase noch bis Ende 2026 gefördert. Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Karlsruhe koordiniert die Forschungs- und Industriepartner. Dazu gehören unter anderem das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Robotics Innovation Center des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), das FZI Forschungszentrum Informatik und die Hochschule Karlsruhe (HKA).

Teleoperation als Zwischenschritt zum autonomen Roboter

Mit Unterstützung der Partner konnten bisher verschiedene Teilaufgaben realisiert werden, die die Teilnehmenden in Bremen selbst ausprobieren durften. Dazu gehört u. a. die vom DFKI durchgeführte Teleoperation von einem mobilem Leitstand aus. Die dort zusammenlaufenden Informationen ergeben ein Lagebild des Einsatzortes.

Darüber können menschliche Operatoren beispielsweise auch Baumaschinen teleoperieren und heterogene Systeme bei der (teil-)autonomen Ausführung der Aufgaben überwachen. Die Visualisierung des Lagebilds vom DFKI-Leitstand auf verschiedenen Endgeräten ermöglicht dabei der Lehrstuhl Intelligente Sensor-Aktor-Systeme am Karlsruher Institut für Technologie (KIT-ISAS). Die Visualisierungssoftware „iviz“ erzeugt dazu eine virtuelle Realität, durch die Nutzende in die jeweiligen Szenen eintauchen können.

Mobile Roboter wie der Roboterhund „Spot“ unterstützen dabei die Arbeit der schweren Baumaschinen. Die vom Fraunhofer IOSB und Fraunhofer IOSB-AST (Institut für angewandte Systemtechnik) ausgerüsteten Roboter erkundeten dazu bei der Live-Demo das Gelände und das Gebäude mit verschiedenen Lidar-Sensoren. Die daraus erstellte Karte lieferte dem Bagger Informationen über die Befahrbarkeit und Hindernisse auf dem Gelände.

 

Um beispielsweise Fässer mit gefährlichem Inhalt sicher greifen zu können, kann dies teleoperiert aus der Ferne erfolgen. Das wurde anhand einer Live-Verbindung zwischen Bremen und Karlsruhe deutlich, wo ein weiterer Bagger mit Greifer zielgerichtet gesteuert werden konnte. Eine dreidimensionale Abschätzung erleichterte dabei die Identifikation der passenden Greifpunkte.

Die Teleoperation spielt auch beim in Bremen eingebundenen Roboter „Dekontbot“ des KIT-Instituts für Technologie und Management im Baubetrieb (TMB) eine wichtige Rolle. Der wird so konzipiert, dass er auch unter radioaktiver Strahlung zuverlässig arbeiten kann. Er soll künftig beim Rückbau von Kernkraftwerken z. B. kontaminierte Stellen abfräsen oder in einem anderen Aufbau zur Freimessung der behandelten Stellen dienen. Bei der Freimessung wird ermittelt, ob die festgestellten Werte ein sicheres Arbeiten für Menschen erlauben. Die Handhabung unbekannter Anlagenteile könnte dann der humanoide Dekontaminationsroboter Armar-DE des KIT-Lehrstuhls High Performance Humanoid Technologies (H2T) übernehmen, der ebenfalls ausprobiert werden konnte.

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