Automobil 31. Okt 2023 Von Dominik Hochwarth Lesezeit: ca. 3 Minuten

Volkswagen: Softwaretochter Cariad streicht 2000 Stellen

Die Volkswagen-Softwaresparte Cariad wird den Start ihrer neuen Softwarearchitektur erneut verschieben, da sie mit einer großen Entlassungsrunde konfrontiert ist. Das wirkt sich auch auf verschiedene Audi- und Porsche-Modelle aus.

Markenhochaus (Brand Tower) - new Volkswagen logo
Erneute Verzögerung bei Volkswagen Softwaresparte Cariad. Wegen Personalkürzungen verschiebt sich der Start der neuen Softwarearchitektur.
Foto: Volkswagen AG

Gerade einmal drei Jahre nachdem Volkswagen die Softwareeinheit Cariad ins Leben gerufen hat und nur ein halbes Jahr nach einer umfassenden Neuausrichtung des Führungsteams, steht das Unternehmen vor einem einschneidenden Stellenabbau. Laut einem Bericht des Manager Magazins vom Wochenende sind bis zu 2000 Arbeitsplätze von der Streichung betroffen. Diese drastische Maßnahme wird auch Konsequenzen für die Fortschritte bei der Entwicklung haben: Die Markteinführung der innovativen VW-Softwarearchitektur 1.2 wird sich voraussichtlich um 16 bis 18 Monate verzögern.

Softwareplattform 1.2 sollte bereits 2022 fertig sein

Die Softwareplattform 1.2, ein Schlüsselelement für den Porsche Macan EV und den Audi Q6 E-Tron, sollte ursprünglich im Jahr 2022 fertig sein. Nachdem Peter Bosch im Mai die Führung bei Cariad übernahm, wurde das Veröffentlichungsdatum allerdings auf das Ende des Jahres 2023 verschoben, um sicherzustellen, dass die Plattform für die VW-Modelle des Jahres 2024 optimal vorbereitet ist. Aktuelle Entwicklungen deuten nun jedoch darauf hin, dass ein Einsatz der Softwareplattform 1.2 in den Fahrzeugen frühestens im Jahr 2025 realistisch erscheint.

Bericht von der Eliv 2023: Open Source und Kooperationen

Am Montag sendete Porsche ein deutliches Signal aus, dass das Unternehmen nicht unbegrenzt auf die Version 1.2 warten kann. In einer Ankündigung machte die Marke deutlich, dass sie für zukünftige Modelle auf eine Integration mit Google setzen wird, basierend auf dem Betriebssystem Android Automotive. Diese Integration ermöglicht es, Dienste wie Google Maps, den Google Assistant sowie weitere Apps direkt in die Fahrzeuge zu integrieren.

Softwareversion bereits installiert, Version 2.0 wird komplett neu gemacht

Cariad gab im März Pläne für einen brandneuen App Store bekannt, der in ausgewählten Audi-Modellen im Verlauf des Sommers eingeführt werden sollte. Später soll dieser Service auf die gesamte Produktpalette von Volkswagen ausgedehnt werden, einschließlich Porsche.

Aktuell sind die Fahrzeuge von Volkswagen bereits mit der Softwareversion 1.1 ausgestattet. Parallel dazu arbeitet Cariad an der Entwicklung der Version 2.0. Ursprünglich war der Marktstart für diese 2.0-Architektur für das Jahr 2025 angedacht. Aufgrund der Entlassungen hat das Unternehmen jedoch beschlossen, die Software komplett neu zu entwickeln.

Wird sich die Markteinführung des Porsche Macan EV verschieben?

Volkswagen hat bislang nicht offiziell bestätigt, ob der kürzlich erfolgte Stellenabbau Auswirkungen auf den geplanten Markteinführungstermin des Macan EV haben wird, der ursprünglich für den Anfang des Jahres 2024 vorgesehen war.

Nach dem Bericht des Manager Magazins werden die stattfindenden Umstrukturierungen jedoch Auswirkungen auf die Scalable Systems Platform der nächsten Generation haben. Diese Softwarearchitektur will VW für Elektroautos in der gesamten Produktpalette einsetzen – vom VW-Kleinwagen bis hin zu sportlichen Porsche-Modellen.

Gerät VW ins Hintertreffen geraten gegenüber der Konkurrenz?

Tesla, Ford und General Motors haben es vorgemacht mit eigener Software. Das ist Teil ihres Erfolgs. Softwaredefinierte Fahrzeuge bieten den Autoherstellern nicht nur die Möglichkeit, intelligentere Autos zu bauen, sondern auch zusätzliche Einnahmequellen durch Unterhaltung und Dienstleistungen im Fahrzeug zu erschließen.

Weltrekord: Das schnellste E-Auto beschleunigt von 0 auf 100 in 0,956 s

Durch die Verschiebungen droht VW nun auf diesem Gebiet ins Hintertreffen zu geraten. Im Jahr 2021 erklärte der VW-Konzern, dass Cariad bis 2030 über Abonnements und andere Verkäufe bis zu 1,2 Billionen Euro an Einnahmen generieren könnte. Das ist nun erst einmal aufgeschoben.

Reihe von Rückschlägen und Verzögerungen

Cariad hat in letzter Zeit eine Reihe von Rückschlägen und Verzögerungen erlebt, was zu verschiedenen Umstrukturierungsmaßnahmen führte. Im Mai traf der Cariad-Vorstand die Entscheidung, Dirk Hilgenberg als CEO abzulösen und durch Peter Bosch zu ersetzen, der zuvor die Verantwortung für die Produktion der Marke Bentley innerhalb des VW-Konzerns trug. Unter Boschs Führung wurde ein Stellenabbau von 2000 Mitarbeitenden angeschoben, Teil eines weitreichenden Restrukturierungsplans, wie Reuters berichtete.

Laut Berichterstattung hat der Vorstand des Volkswagen-Konzerns dem Personalabbau zugestimmt, der stufenweise zwischen 2024 und Ende 2025 durchgeführt werden soll. Bevor diese Pläne jedoch endgültig umgesetzt werden können, steht noch die Zustimmung des VW-Betriebsrats aus. Dieser hat den Beschäftigten bisher eine Arbeitsplatzgarantie bis Mitte 2025 zugesichert.

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