DIW-Modellrechnung 23. Mai 2024 Von André Weikard Lesezeit: ca. 2 Minuten

Deutschland ist nicht mehr auf russisches Gas angewiesen

DIW-Ökonomen sehen Spielraum für weitere Sanktionen gegen russische Gasimporte und halten den Ausbau der LNG-Infrastruktur für „überdimensioniert“.

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Gut zwei Jahre nach dem Beginn des Ukrainekrieges wäre Europa in der Lage, einen Ausfall russischer Gasimporte zu kompensieren, errechnet das DIW.
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Europa käme auch ohne russisches Erdgas aus, so das Ergebnis einer aktuellen Modellrechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Der europäische Gasbedarf könnte mittlerweile durch Pipeline-Importe aus anderen Ländern und die Einfuhr von Flüssiggas gedeckt werden. Das wäre sogar dann möglich, wenn die Gasnachfrage über die kommenden Jahre bis 2030 hoch bliebe, was klimapolitisch nicht erwünscht und laut Experten auch nicht unbedingt zu erwarten ist.

Sanktionen gegen russisches Gas gefährden nicht die Versorgungssicherheit

Ein weiterer Ausbau der Infrastruktur, etwa zum Import von Flüssiggas, sei nicht notwendig, so das DIW. Die Forscher schließen daraus, dass die Politik bereits heute genügend Spielraum hätte, weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen, ohne die Versorgungssicherheit beim Erdgas zu gefährden. Das DIW betont, die Berechnungen der beteiligten Ökonominnen Franziska Holz und Claudia Kemfert sowie der Co-Autoren Lukas Barner und Christian von Hirschhausen von der TU Berlin bildeten die weltweite Gaswirtschaft „in hohem Detailgrad“ ab.

Drei Angebotsszenarien

Das Forscherteam hat unterschiedliche Szenarien modelliert, in denen die Nachfrage nach Erdgas sich verschieden entwickelt. Vor allem wurden aber drei Varianten berechnet, abhängig davon, ob eine Versorgung mit russischem Gas in derzeitigem Umfang stattfände, im größeren Umfang wie vor Kriegsbeginn in der Ukraine 2022 oder im Falle eines Lieferstopps durch Russland beziehungsweise im Falle eines abrupten Importverbots.

Selbst in letzterem Extremszenario könnte der Wegfall vor allem durch zusätzliche Lieferungen aus Norwegen und den USA kompensiert werden, so die Studie. Zudem stünden Länder wie Algerien, Katar, Nigeria oder Aserbaidschan als Produzenten mit zusätzlichen Kapazitäten zur Verfügung.

Gasimporte aus Russland bereits um drei Viertel reduziert

Die Importe von russischem Erdgas sind innerhalb der vergangenen zwei Jahre bereits um rund drei Viertel reduziert worden. „EU-weit deckt Russland derzeit noch rund 14 % der Erdgasnachfrage. Doch Deutschland und Europa kämen in den kommenden Jahrzehnten auch ohne Importe aus Russland aus“, sagt Franziska Holz. Einzelne Länder sind aber nach wie vor stark abhängig von russischen Gasimporten. Bei Österreich liegt die Quote an den gesamten Erdgaseinfuhren beispielsweise bei 95 %.

Geplanter LNG-Ausbau ist überdimensioniert

In allen Szenarien wird unterstellt, dass der Import von Flüssigerdgas zunimmt. Dennoch reichen in fast allen Szenarien die derzeit vorhandenen Kapazitäten zur Abfertigung aus. Lediglich im Falle eines sofortigen Importstopps wäre eine geringe Unterdeckung bei den LNG-Kapazitäten für die Länder Kroatien und Italien zu befürchten. „Der derzeit geplante Ausbau an LNG-Importterminals ist stark überdimensioniert“, folgert Studienautor Christian von Hirschhausen.

Auch Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt im DIW Berlin, argumentiert: „Mittel- und langfristig steuert die europäische Energiewirtschaft auf einen Erdgasausstieg zu.“ Ein rascher Umstieg auf erneuerbare Energien sei demnach nicht nur klimapolitisch sinnvoll, er reduziere auch noch vorhandene Importabhängigkeiten. Dahingehende Bemühungen seien einem Ausbau der LNG-Infrastruktur vorzuziehen, so das Fazit der DIW-Studie.

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