UMWELT 10. Jul 2019 Ralph H. Ahrens Lesezeit: ca. 2 Minuten

Holzkessel und Kaminöfen in der Zwickmühle

Die Feinstaubbelastung durch private Holzfeuerungen ist seit 2010 deutlich gesunken. Dennoch gefährdet zu viel Feinstaub das Leben der Menschen, warnt das UBA.


Foto: panthermedia.net/Nitrub

Die wachsende Zahl der Holzfeuerungen wirkt sich negativ auf die Feinstaubbelastung aus.“ Das hatte Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes, im März 2015 gesagt. Heizen mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz bekam damals einen faden Beigeschmack.

Feinstaubemissionen PM10

Der Anteil der Holzfeuerungen an den Feinstaubemissionen PM10 in Deutschland nahm bis 2010 auf einen Höchststand von 11,7 % zu und ist in den Folgejahren bis 2015 auf 8,2 % gefallen.

Die PM10-Absolutemissionen der Holzfeuerung sind seit 2010 um ein Drittel gesunken, das hat aber die Zunahme von 1995 bis 2010 noch nicht kompensiert. Dies wird für die nächsten Jahre erwartet.

Foto: VDI nachrichten

Heute würde die UBA-Präsidentin diese Aussage so nicht mehr wiederholen: Denn die Feinstaubbelastung aus Kaminen und Kachelöfen aller Art sowie aus scheitholz- und pelletbeschickten Kesseln ist tatsächlich seit 2010 rückläufig. Das kam bei einer neuen Bewertung der Emissionsgrößen heraus, die das UBA 2015 erfasst hatte (s. Kasten). Den Deutschen Energieholz- und Pelletverband (DEPV) freut das.

Bei der neuen Bewertung ging das Umweltbundesamt davon aus, dass neue Einzelraumfeuerstätten und Holzkessel seit 2010 bauartbedingt weniger Feinstaub emittieren als früher. Denn kurz zuvor hatte der Bundesrat in der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen, der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung (1. BImSchV), neue Grenzwerte festgelegt, die sich am technisch Machbaren orientieren:

Feinstaubemissionen PM2,5

Der Anteil der Holzfeuerungen an den PM2,5-Emissionen ist in Deutschland nach dem Höchststand von 22 % im Jahr 2010 in den Folgejahren auf 17,4 % im Jahr 2015 zurückgegangen. Dennoch liegt er fast zehn Prozentpunkte höher als bei den PM10-Emissionen.

Die PM2,5-Emissionen bei Holzfeuerungen haben sich seit 2010 um ein Drittel verringert. Sie stehen in diesem Segment für fast 95 % der PM10-Emissionen.

Foto: VDI nachrichten

– Neue Holzkessel dürfen – je nach Brennstoff – seit 2010 max. 60 mg bis 100 mg und seit 2015 max. 20 mg Staub/m³ ausstoßen. Für scheitholzbeschickte Kessel gelten die 20 mg erst seit 2017. Alle zwei Jahre prüfen Schornsteinfeger, ob die Vorgaben eingehalten werden. Zuvor hatten sie mechanisch beschickte Holzkessel nur einmalig nach deren Installation geprüft.

Feinstaubemissionen von Holzfeuerungen

Feinstaub (PM10) bezeichnet Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von weniger als 10 µm. Der aerodynamische Durchmesser ist der Durchmesser einer Kugel mit einer Dichte von 1 g/cm3, die dieselbe Sinkgeschwindigkeit aufweist wie das zu betrachtende Partikel. PM2,5 ist entsprechend Feinstaub mit einem aerodynamischen Durchmesser von 2,5 µm. Hierzu gehören auch die ultrafeinen Partikel ( 0,1 µm).

Das Umweltbundesamt (UBA) hat die Emissionsbilanzen bis Ende 2016 mit Emissionsfaktoren berechnet hat, die die Emissionen des Anlagenbestands des Jahres 2005 abbilden. Auch jede Neuinstallation werde in der Energieberatung bis heute auf Basis dieser Emissionsfaktoren bewertet, so der Deutsche Energieholz- und Pellet-Verband.

Holzfeuerungsanlagen wurden daher auf Basis von Emissionsdaten bewertet, die entstanden wären oder entstehen würden, wenn es 2010 die Novelle der 1. BImSchV nicht gegeben hätte.

Eine UBA-Studie schätzte 2016 erstmals die Entwicklung des Anlagenbestands seit 2010 und ermittelte neue Emissionsfaktoren. Diese sollen im Sommer veröffentlicht werden.

Die Gesamtemissionen der Holzfeuerungsanlagen für die Emissionsberichterstattung hat das UBA bis 2015 neu berechnet. Das nationale Emissionsinventar hat das UBA bereits zu Jahresbeginn entsprechend aktualisiert. Dabei ergaben sich für die Holzfeuerungen um rund 25 % niedrigere Emissionen. swe

Quelle: DEPV/UBA

– Kaminöfen und andere Einzelraumfeuerstätten dürfen seit 2010 max. 75 mg Staub/m³ und seit 2015 max. 40 mg Staub/m³ emittieren. Dies wird für jeden Feuerstättentyp an einem Prüfstand gemessen, von Schornsteinfegern aber nicht kontrolliert.

Diese Vorgaben betreffen laut Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks zurzeit rund 500 000 Holzkessel und ca. 12 Mio. Einzelraumfeuerungen – Tendenz steigend. Deren Ausstoß der Feinstaubfraktionen PM10 (Partikel 10 µm) und PM2,5 hat das UBA nun neu berechnet, mit einem verblüffenden Ergebnis: Beide Emissionswerte sanken demnach seit 2010 deutlich. Nach alter Rechenweise emittierten private Holzfeuerungen 2014 etwa 22,8 kt PM2,5; dies entsprach 21,8 % dieser Emissionen. Nach neuer Rechnung sank die Menge um 20 % auf 17,4 kt. Zum Vergleich: Die Abgase aller Pkw, Lkw und Busse enthielten 2014 rund 9,8 kt PM2,5; der gesamte Straßenverkehr emittierte inkl. Reifen- und Straßenabrieb rund 20,9 kt.

Dass die aktualisierten Zahlen die Holzfeuerung in einem besseren Licht zeigen, freut Jens Dörschel, im DEPV zuständig für Politik und Umwelt. „Seit 2010 ist der Trend zu steigenden Staubemissionen aus Holzfeuerungen gebrochen. Der Anteil der Holzfeuerungen an den Feinstaubemissionen sank um etwa ein Viertel.“

In Zahlen: Ihr Anteil an PM10-Emissionen erreichte 2010 mit 11,7 % einen Höchststand, sank dann aber bis 2015 auf 8,2 %. Der Anteil an PM2,5-Emissionen ging nach dem Höchststand von 22 % im Jahr 2010 auf 17,4 % im Jahr 2015 zurück. Dass Holzfeuerungen einen größeren Anteil an der PM2,5-Gesamtmenge haben, liegt daran, dass diese Partikel beim Verbrennen von Holz rund 95 % der PM10-Fraktion ausmachen.

Die positive Entwicklung werde sich fortsetzen, erwartet Dörschel. Die Vorgaben der 1. BImSchV führten dazu, dass mit modernen Holzfeuerungen sauber und effizient geheizt werden könne und dass gleichzeitig alte Kamin- und Kachelöfen stillgelegt, ausgetauscht oder mit Filtern nachgerüstet würden. Die Verordnung verlangt dies schrittweise für alle alten Feuerstätten, die mehr als 150 mg Staub/m³ ausstoßen. Die größten Dreckschleudern werden also aus dem Verkehr gezogen.

Schornsteinfeger vor Ort kommen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Kessel und Einzelraumfeuerungen sauberer geworden sind. Dies zeigen regelmäßige Messungen an den Kesseln, meint Stefan Eisele, Präsident des Landesinnungsverbands des Schornsteinfegerhandwerks Baden-Württemberg.

Und auch Einzelraumfeuerstätten wie Kaminöfen belasten die Umwelt heute weniger mit Feinstaub als früher. Einmal alle 3,5 Jahre schauen sich bevollmächtigte Schornsteinfeger diese Feuerstätten an und prüfen, wie ihr technischer Zustand ist, welches Holz verbrannt wird und wie Brennstoffe gelagert werden.

Allein in Baden-Württemberg werden jedes Jahr ca. 10 % der älteren Einzelraumfeuerungen ausgetauscht. Hält dieser Trend an, sind in einem Jahrzehnt alle alten ersetzt, so Eisele. „Hier wirkt sich die Arbeit der Schornsteinfeger aus, die die Anlagen in den vergangenen Jahren erfasst und anhand des Alters eingestuft haben.“

Doch mit der neuen Berechnung hat sich die Feinstaubproblematik nicht erledigt, ist aus dem Umweltbundesamt zu hören. Drei Gründe:

– Messungen von Schornsteinfegern zeigen, dass 2016 noch rund 6 % der 500 000 Holzkessel für die Gebäudeheizung den Grenzwert nicht einhalten. „Sind es neuere Kessel, reicht es oft, diese gründlich zu reinigen“, weiß Eisele. Ältere aber müssten wegen veralteter Feuerungstechnik ausgetauscht oder nachgerüstet werden.

– Moderne Kamine und Kaminöfen aller Art unterschreiten zwar auf dem Prüfstand die Grenzwerte, werden sie aber falsch bedient, verursachen sie höhere Emissionen. Dann würden Prüfwerte überschritten und Grenzwerte nicht eingehalten. So steigen Feinstaubemissionen deutlich, wenn der Kamin mit zu viel oder zu feuchtem Holz beschickt wird. Hier helfe Beratung, so Eisele. „Nur das Zusammenspiel von Anlagentechnik, Wartung, Brennstoff und bei handbeschickten Anlagen auch noch Betreiber führt zu guten Ergebnissen.“

– Das Umweltbundesamt hält die gesetzlichen Vorgaben für zu schwach.

Epidemiologische Studien zeigen, warum Feinstaub überhaupt so gefährlich ist. Steigt der PM10-Gehalt in der Außenluft um 10 µg/m³, erhöht sich die Anzahl der Krankenhauseinweisungen infolge von Atemwegserkrankungen um bis zu 5,7 % und das Sterberisiko um bis zu 1,6 %. Ein Großteil dieser Effekte ist auf die kleineren Partikel zurückzuführen. Denn generell gilt: Je kleiner ein Partikel, umso tiefer kann er eindringen.

So lösen PM10-Partikel Schleimhautreizungen und Entzündungen im Rachen aus. PM2,5-Partikel können Luftröhre und Bronchien schädigen und zu den Lungenbläschen vordringen, wo sie nur langsam oder gar nicht entfernt werden. Und vor allem ultrafeine PM0,1-Teilchen dringen über Lungenbläschen ins Lungengewebe und in den Blutkreislauf ein. Sie können die Plaquebildung in Blutgefäßen verstärken, die Thrombose-Neigung erhöhen oder sich auf die Herzfrequenz auswirken.

Um den Mensch vor Feinstaub zu schützen, gelten in der EU Obergrenzen für die Außenluft. Bekannt ist der Tagesgrenzwert für PM10-Partikel von 50 µg/m³, der an höchstens 35 Tagen überschritten werden darf.

Daneben gelten zwei Grenzwerte: Im Jahresmittel darf 1 m³ Außenluft nicht mehr als 40 µg PM10 und nicht mehr als 25 µg PM2,5 enthalten. „In Deutschland werden diese Jahresgrenzwerte zwar an allen Messstationen eingehalten“, weiß Marcel Langner, Feinstaubfachmann im UBA, „dennoch sterben viele durch zu viel Feinstaub.“ Nach Berechnung des UBA waren 2007 bis 2011 im Schnitt rund 47 000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr etwa aufgrund akuter Atemwegserkrankungen oder Lungenkrebs auf eine zu hohe PM10-Belastung zurückzuführen.

Langner verweist auch auf Schätzungen der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen. So hätte 2012 zu viel PM2,5 in der Luft knapp 60 000 vorzeitige Todesfälle in Deutschland verursacht. Zum Vergleich: Durch zu viel Stickstoffdioxid (NO2) starben damals gut 10 000 Menschen. Die Krankheitslasten durch Feinstaub seien also höher als die durch NO2, so Langner.

Seine Schlussfolgerung: „Die EU-Grenzwerte liegen zu hoch.“ Der Feinstaubfachmann verweist hier auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie empfiehlt deutlich schärfere Grenzwerte, als die EU beschlossen hat. Für PM10 sind dies 20 µg/m3 im Jahresmittel und 50 µg/m³ über einen 24-Stunden-Zeitraum (mit drei zulässigen Überschreitungen pro Jahr) für PM2,5 sind dies 10 µg/m³ im Jahresmittel und 25 µg/m³ über einen 24-Stunden-Zeitraum (mit drei zulässigen Überschreitungen pro Jahr).

Würde der Gesetzgeber diese Werte übernehmen, dürfte auch aus Kaminen, Öfen und Holzheizkesseln deutlich weniger Feinstaub emittieren als heute, so Langner.

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