Fliegen ohne Überschallknall 12. Jan 2024 Von Dominik Hochwarth Lesezeit: ca. 4 Minuten

Nasa stellt leises Überschallflugzeug X-59 vor

Bereits seit einigen Jahren ist bekannt, dass die Nasa mit dem X-59 ein neues Überschallflugzeug plant. Am 12. Januar wurde der neue Flieger nun offiziell vorgestellt. Das Besondere: der X-59 soll ohne Überschall-Knall fliegen.

Move to Run Stall 5
Die X-59 kommt im Vergleich zu früheren Bildern in einer anderen Lackierung daher.
Foto: Lockheed Martin Corporation 2023

Nasa und Lockheed Martin haben nach jahrelanger Entwicklung ein Überschallflugzeug vorgestellt, das im Vergleich zu anderen Modellen einen deutlich reduzierten Schallknall erzeugt. Das Flugzeug, das den Namen X-59 Quesst trägt, ist nun in einer neuen Farbe zu sehen. War es bisher weiß, wurde es nun in Grün lackiert. Die X-59 soll in den kommenden Monaten Testflüge über ausgewählte bewohnte Gebiete absolvieren. Ziel dieser Flüge ist es, zu ermitteln, wie Menschen auf das Geräusch des Flugzeugs reagieren. Im Gegensatz zu bisherigen Überschallflugzeugen soll die X-59 nur noch einen kurzen, leisen Knall erzeugen, der an das Zuschlagen einer Autotür erinnert.

Öffnet die X-59 Türen für neue Überschallflüge?

Die erfolgreiche Entwicklung der X-59 Quesst könnte das Ende des Überschallverbots in den USA bedeuten. Die US-Luftfahrtbehörde FAA hatte 2003 alle zivilen Überschallflüge über dem Land verboten, weil der laute Knall der Flugzeuge die Bevölkerung beunruhigte.

Die X-59 soll in den kommenden Monaten Testflüge über ausgewählte bewohnte Gebiete absolvieren. Ziel dieser Flüge ist es, zu ermitteln, wie Menschen auf das Geräusch des Flugzeugs reagieren. Wenn die Tests erfolgreich verlaufen, könnte die FAA das Überschallverbot aufheben.

Der Vorteil von Überschallflügen ist ihre enorme Geschwindigkeit. Die Reise von Europa nach New York dauert mit einem Überschalljet nur dreieinhalb Stunden. Diese Flüge waren in den 1970er- und 1980er-Jahren sehr begehrt. Doch im Juli 2000 verunglückte eine Concorde kurz nach dem Start in Paris. Alle 109 Insassen sowie vier Menschen am Boden starben.

Als Ursache des Unglücks wurde ein Metallstreifen auf der Startbahn ermittelt. Hinzu kamen die Luftfahrtkrise nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und rasant steigende Wartungskosten. Als Folge davon stellte British Airways im Jahr 2003 den Betrieb der Concorde ein. Air France folgte im Jahr 2007.

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Das ist der Überschalljet X-59

Die Nasa gibt für die X-59 folgende Daten an: Das Flugzeug ist 99 Fuß (30 m) lang und hat eine Spannweite von 29,5 Fuß (9 m). Es ist für eine Flughöhe von 55 000 Fuß (16 750 m) und eine Reisegeschwindigkeit von Mach 1,4 (1730 km/h) ausgelegt. So weit die wichtigsten Daten, ein wichtiger Unterschied zu früheren Überschallflugzeugen wie der Concorde ist jedoch die Nase.

Überschallflugzeuge benötigen eine lange, flache Nase, damit der Druck beim Überschreiten der Schallmauer sanft aufgebaut wird. Bei der Concorde stand diese Anforderung im Konflikt mit der Sichtachse aus dem Cockpit. Die Pilotin musste die Landebahn sehen können. Die Nase der Concorde war deshalb kurz und musste zudem nach unten abgeknickt werden. Dies führte zu einem lauten Überschallknall.

Bei der X-59 Quesst wird dieses Problem umgangen. Die Pilotin kann die Landebahn nicht sehen, muss sie aber auch nicht. Die Nasa nutzt ein externes Bildgebungssystem (XVS), das Kameras vor und unter dem Flugzeug verwendet, um ein Bild auf einen Bildschirm im Cockpit zu übertragen.

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Darum war die Concorde so laut

Die Concorde erzeugte beim Überflug einen Überschallknall von 105 PLdB. Dieser Wert wird in der Umweltpsychologie verwendet, um Schalllasten zu beschreiben. Künftige Überschallflugzeuge könnten laut Nasa nur noch einen Überschallknall von 75 PLdB erzeugen. Das ist vergleichbar mit dem Geräusch, das entsteht, wenn eine Autotür in 6 m Entfernung zugeschlagen wird, erläutert der Nasa-Technologe David Richwine, Mitglied der X-59-Projektleitung. Wir gehen gleich darauf ein, wie die Nasa es geschafft hat, dass die X-59 so leise bei Überschall in der Luft unterwegs ist.

Für die Lautstärke des Überschallknalls ist die Drucksignatur des Flugzeugs entscheidend. Beim Überschallflug entstehen an verschiedenen Stellen des Flugzeugs unvermeidbare Schockwellen. Bei historischen Überschallflugzeugen wie der Concorde überlagerten sich diese Schockwellen auf dem Weg zum Boden, sodass eine Art N-Profil mit zwei abrupten Druckanstiegen entstand. Auf der Erde wurde dieser Überschallknall als Doppelknall wahrgenommen.

Bei historischen Überschallflugzeugen wie der Concorde war der Überschallknall als schnelles Kaboom zu hören. In der Luftfahrt ist auch vom N-Signal die Rede, weil das akustische Profil von zwei scharfen Druckanstiegen geprägt ist (linke Grafik). Die gesamte Amplitude (pressure rise) wird dabei in kurzer Zeit (rise time) aufgebaut. Im Fall der Concorde sorgte das beim Überflug für eine akustische Last von 105 PLdB (wahrgenommenes Dezibel-Level). Bei künftigen Überschalljets könnte – angefangen mit der X-59 der Nasa – das Schalllevel bei „nur noch“ 75 PLdB liegen, was der Lautstärke einer zufallenden Autotür in 6 m Entfernung entspräche. Entscheidend dafür, wie laut das Flugzeug beim Überflug erlebt wird, ist die Frage, ob sich die unvermeidlichen Schocks, die beim Überflug an Komponenten wie den Flügeln und Triebwerken entstehen, zu einem N überlagern oder nicht. Die Nasa strebt ein eher sanftes sinusartiges Profil an (rechte Grafik).

Wie wurde die X-59 so leise?

Damit die X-59 keinen Überschallknall erzeugt, musste die Nasa bzw. Lockheed Martin tief in die physikalische Trickkiste greifen, wie Richwine erläutert. Das Problem: Bei der Concorde überlagerten sich diese Schockwellen auf dem Weg zum Boden, sodass ein Überschallknall mit zwei abrupten Druckanstiegen entstand. Dieser Knall war für die Menschen am Boden sehr unangenehm.

Die Nasa wollte den Überschallknall des X-59 deutlich leiser machen. Dazu musste sie dafür sorgen, dass sich die Schockwellen nicht mehr überlagern. Das gelang nicht mit einer einzelnen Maßnahme, sondern mit mehreren:

Neben diesen Maßnahmen hat die Nasa auch an der Nase der X-59 gearbeitet, wie bereits zuvor geschrieben. Insgesamt beträgt dadurch die Amplitude des Drucksignals nur noch ein Siebtel des Werts der Concorde. Die Nasa berechnete einen Wert von 0,3 gegenüber 2 Pfund pro Quadratmeter. Statt einem lauten Knall wird nur noch ein leises „Plopp“ zu hören sein, wie die US-Weltraumbehörde in einer Pressemitteilung schreibt.

(Mit Material von Iestyn Hartbrich)

 

 

 

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