Neue Hoffnungen für Aachener Streetscooter
Nachdem das Aus schon besiegelt war, scheinen sich nun vier Investoren aus Deutschland, den USA und China für das Unternehmen Streetscooter und seine Produktion zu interessieren.
Der Streetscooter ist tot, es lebe der Streetscooter! So oder ähnlich ließe sich der aktuelle Stand beim Aachener Transporterproduzenten beschreiben. Die eigentlich schon ausgemusterten gelben Elektrofahrzeuge könnten ein Comeback erleben. Denn, so meldete es das Manager-Magazin, gleich vier Investoren aus dem In- und Ausland scheinen an einem Kauf der Aachener Post-Tochter interessiert.
Mehrheitsaktionär von e.Go interessiert
Einer von ihnen soll der Düsseldorfer Unternehmer Nazif Destani sein, der über eine niederländische Fondsgesellschaft bereits Mehrheitsaktionär bei der Next.e.GO Mobile SE ist. Auch dort konnte der ehemals insolvente Aachener Hersteller von Kleinstelektrofahrzeugen vor Kurzem seine Produktion wieder mit frischem Kapital aufnehmen.
Die Verbindung ist naheliegend, schließlich gründete Günther Schuh, umtriebiger Professor an der RWTH Aachen, einst sowohl Streetscooter als auch e.Go. Die 2010 etablierte Streetscooter GmbH verkaufte er vier Jahre später an die Deutsche Post. Bei e.Go ist er aktuell der Vorsitzende des Verwaltungsrats. Bereits vor rund einem Jahr wurde berichtet, dass Schuh Interesse zeige, den Hersteller von simpel konstruierten Elektrotransportern von der Post zurückzukaufen. „Unter den richtigen Konditionen könnte ich es mir vorstellen, Streetscooter wieder zu übernehmen“, sagte der Professor der RWTH Aachen damals.
Chinesen wollen Produktion verlagern
Weitere Interessenten sind eine noch unbekannte amerikanische Investorengruppe sowie zwei chinesische Unternehmen aus der Automobilindustrie – der Zulieferer Neapco und der Fahrzeughersteller Chery. Noch ist ungewiss, was die potenziellen Interessenten mit Streetscooter vorhaben. Laut Manager-Magazin möchte Chery die Produktion nach China verlagern, um Kosten zu senken. Die drei anderen Bieter erwägen eventuell eine „Weiterentwicklung, vor allem aber eine Veredelung am Kapitalmarkt“.
Das Interesse an Streetscooter dürfte dem allgemeinen Boom der Elektromobilität geschuldet sein. Denn die Abkehr vom Verbrennungsmotor ist in vielen Ländern politisch gewollt, und der Kauf von Elektrofahrzeugen wird mit teils hohen Subventionen unterstützt. Immer mehr Autohersteller verkündeten die Beendigung der Verbrennermodelle bis 2030, teils auch bis 2035.
Einstiger Start-up-Stern
Mit Argusaugen dürften die rund 300 Mitarbeiter in Aachen und Düren die aktuellen Entwicklungen verfolgen. Über mögliche Kaufsummen ist bislang nichts bekannt. Dennoch könnte jetzt die Deutsche Post vom Run auf den Elektrotransporter profitieren. Vor zehn Jahren erblickte der einfach gebaute E-Transporter als Start-up der RWTH Aachen das Licht der Welt. Das Fahrzeug – und vor allem seine Fertigung – wurden damals bejubelt. Dann übernahm 2014 die Deutsche Post das Unternehmen Streetscooter. „Einzelne Analysten haben berechnet, dass der Streetscooter Milliarden wert ist“, erklärte Post-Chef Frank Appel noch 2018.
Doch nun wollte er den Stecker ziehen. Wegen jährlicher Verluste von geschätzt 70 Mio. € wurde es zum Verkauf ausgeschrieben, die Auftragsfertigung für Dritte wurde beendet. Doch Käufer schien er bis jetzt keine zu finden. Der Bonner Konzern hielt das Werk Düren für den Eigenbedarf mit geringen Stückzahlen am Laufen – bis Ende 2021 sollen dann insgesamt 20 000 der Paketfahrzeuge in die gelbe Flotte integriert sein. Die Post-Konzern fand zunächst für die Reduktion des CO2-Footprints im Konzern keinen adäquaten Ersatz.