Ariane 6: Feuertaufe für Europas neue Oberstufe
Das DLR zündet derzeit die Oberstufe der Ariane 6 am Prüfstand. An diesem Test hängt das Datum für den Erstflug. Selten war der Druck so groß in Europas Raumfahrtindustrie.

Foto: DLR/ESA/Arianespace
Still ist es heute im Wald von Lampoldshausen in Baden-Württemberg. Aber dieser Tage wird die Stille immer wieder zerschnitten. Dann dröhnt vom nahen Raketenversuchsstand P5.2 Triebwerkslärm herüber.
Am 20. Januar 2023 war das so, als die Oberstufe der neuen europäischen Trägerrakete Ariane 6 in einem sogenannten Hot-Fire-Test zum ersten Mal gezündet wurde. In den kommenden Wochen zündet die Stufe noch zwei weitere Male.

Oberstufentriebwerk Vinci zündet
An diesen Tagen treffen 4,9 t flüssiger Wasserstoff und 25 t flüssiger Sauerstoff (LOX) in der Brennkammer des Vinci-Triebwerks zusammen. Während der Schubstrahl bei einem echten Flug ins Vakuum der Erdorbits entlassen würde, wird er hier in einen Schacht gesaugt. Ein paar Meter weiter tritt er wieder zu Tage – eine Wolke aus Wasserdampf über den Baumwipfeln.
Das Gebiet ist im Umkreis von 500 m abgesperrt; die Test-Teams sitzen im benachbarten, fensterlosen Steuerraum. „Bunkerfeeling“, sagt die DLR-Testingenieurin Anja Frank.
P5.2 und weitere Prüfstände in der Nachbarschaft gehören der europäischen Weltraumagentur ESA, betrieben werden sie vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). An dieser Testkampagne – und an einer weiteren im fernen Kourou in Französisch-Guayana – entscheidet sich, ob der Erstflug der Rakete wie geplant Ende 2023 stattfinden kann.
Selten war der Druck so groß in Europas Raketenindustrie. Solange die Ariane 6 nicht fliegt, steht der unabhängige Zugang zum All infrage.
SpaceX ist der große Konkurrent
Der große Konkurrent, der US-Konzern SpaceX mit seiner Rakete Falcon 9, ist in den Köpfen der Ariane-6-Teams – auch hier in Lampoldshausen. Ein Bild des Raptor-Triebwerks, das SpaceX für interplanetare Missionen entwickelt, hängt innen an der Bürotür von Vorhandwerker Christoph Schmidt. Es zeigt eine Brennkammer, die aufrecht auf einer Ladefläche steht. „Seriennummer 29“ ist darauf zu lesen. Das Bild soll offenbar als Negativbeispiel dienen, als Mahnung. „Man sieht daran, wie die US-Amerikaner mit ihren Triebwerken umgehen“, wundert sich Schmidt, der die Montageteams während der Hot-Fire-Tests leitet. „Das steht einfach so auf dem Pick-up.“
Alles aus der Welt der Technik
Angebot wählen und sofort weiterlesen
- Alle Beiträge auf vdi-nachrichten.com frei
- 4 Wochen kostenlos
- Monatlich kündbar
Oder werden Sie VDI-Mitglied und lesen im Rahmen der Mitgliedschaft Vn+.