Allen Warnungen zum Trotz 17. Nov 2023 Lesezeit: ca. 3 Minuten

Glyphosat darf weitere 10 Jahre verwendet werden

Da sich die EU-Mitgliedstaaten uneins waren, hat die EU-Kommission die Zulassung des umstrittenen Pflanzengifts Glyphosat um weitere zehn Jahre verlängert. Deutschland hat sich bei der Abstimmung enthalten, obwohl im Ampelvertrag steht, dass es ab 2024 verboten sein soll.

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Das umstrittene Pflanzengift Glyphosat darf in der EU weitere zehn Jahre auf die Felder ausgebracht werden.
Foto: panthermedia.net/ fotokostic

Die EU-Kommission hat beschlossen, die Zulassung des kontrovers diskutierten Unkrautvernichters Glyphosat um weitere zehn Jahre zu verlängern. Dies wurde am gestrigen Donnerstag (16. 11.) nach einer Beratung mit Vertretern der EU-Mitgliedstaaten bekannt gegeben. Obwohl die Mitgliedsländer die Möglichkeit gehabt hätten, die Entscheidung zu blockieren, fehlte hierfür die notwendige Mehrheit. Die aktuelle Genehmigung für Glyphosat wäre Mitte Dezember abgelaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt muss die EU-Kommission die formelle Erneuerung der Zulassung vollziehen. In Deutschland birgt diese Entscheidung neuen Sprengstoff für die Ampelregierung, denn im Koalitionsvertrag steht Schwarz auf Weiß: „Wir nehmen Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt.“

Risiken sollen möglichst gering gehalten werden

Um die Risiken von Glyphosat für Menschen, Tiere und Umwelt zu minimieren, plant die EU-Kommission spezifische Einsatzbeschränkungen. Diese sollen den Schutz von Tieren und Pflanzen, die nicht Ziel des Glyphosateinsatzes sind, gewährleisten und den Gebrauch von Glyphosat als Trocknungsmittel vor der Ernte untersagen.

EU-Pestizid-Zulassung: Blinde Flecken in der Risikobewertung

Die EU-Kommission möchte jedoch nicht die gesamte Verantwortung übernehmen. Sie betont in einer Mitteilung, dass EU-Mitgliedstaaten weiterhin die Möglichkeit haben, den Einsatz von Glyphosat auf nationaler oder regionaler Ebene zusätzlich einzuschränken.

Allerdings bleibt unklar, inwieweit solche nationalen Beschränkungen rechtlich Bestand haben, nachdem die EU-Kommission ihre Entscheidung getroffen hat. Ein Beispiel hierfür ist Luxemburg, das ein Glyphosatverbot einführen wollte, das jedoch gerichtlich aufgehoben wurde, da die Begründung des Verbots unzureichend war.

Wie geht es in Deutschland weiter?

Die Zukunft von Glyphosat in Deutschland bleibt ungewiss. Laut Koalitionsvertrag sollte die Nutzung Ende des Jahres verboten werden, wie bereits geschrieben. Allerdings muss diese Entscheidung nun überdacht werden. FDP-Fraktionsvize Carina Konrad forderte gestern kurz nach dem EU-Beschluss Bundesagrarminister Cem Özdemir auf, die zehnjährige Verlängerung von Glyphosat in Deutschland umzusetzen.

Aus den Reihen der SPD kommt Kritik, so sagte Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten: „Mit der heutigen Entscheidung, Glyphosat für weitere zehn Jahre zuzulassen, missachtet die Europäische Kommission das Vorsorgeprinzip. Solange die schädliche Wirkung von Giftstoffen wie Glyphosat nicht komplett ausgeschlossen werden kann, haben sie auf unseren Äckern, Feldern und Tellern nichts zu suchen.“

Özdemir, einer der wichtigsten Gegner von Glyphosat, bekräftigt seine Verpflichtung zum Koalitionsvertrag. Er erwartet, dass alle Koalitionspartner die geplante Marktentfernung von Glyphosat unterstützen, wobei der von der EU gesetzte Rahmen und der nationale Handlungsspielraum berücksichtigt werden sollen.

Auf Seiten der Union kam hingegen Freude auf: Der Vorsitzende des Agrarausschusses im EU-Parlament, Norbert Lins von der CDU, begrüßte die Verlängerung als wichtigen Schritt für die europäische Landwirtschaft.

Uneinigkeit über die Gefahren von Glyphosat

Streit gibt es unter anderem darüber, ob das Herbizid Glyphosat krebserregend sein könnte. Zusätzlich besteht die Sorge um mögliche Umweltschäden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hat kürzlich in einer umfangreichen Studie keine unakzeptablen Risiken festgestellt, wies jedoch auf fehlende Daten in einigen Bereichen hin.

Nach Efsa-Erkenntnissen bleiben Fragen bezüglich der ernährungsbedingten Risiken für Verbraucher sowie der Auswirkungen auf Wasserpflanzen und Artenschutz offen. Die gegenwärtigen Daten erlauben keine eindeutigen Schlüsse in diesen Bereichen.

Bayer begrüßt die Entscheidung

Glyphosat wird auch als Totalherbizid bezeichnet, es lässt Pflanzen absterben. Wenn Glyphosat auf Flächen angewendet wird, führt dies zum Absterben von Gräsern, Sträuchern und Moos. Dieses Herbizid findet vorrangig in der Landwirtschaft Verwendung, um die Unkrautbekämpfung durchzuführen, bevor Nutzpflanzen gesät werden.

Wenn zurückgehaltene Studien die Risikobewertung bei Behörden verzerren

Glyphosat-Hersteller Bayer begrüßt die Entscheidung der EU-Kommission: „Diese erneute Genehmigung ermöglicht es uns, Landwirten in der gesamten Europäischen Union weiterhin eine wichtige Technologie für die integrierte Unkrautbekämpfung zur Verfügung stellen zu können.“

Ablehnung kommt hingegen von Umweltverbänden und Grünen: „Der Schutz der Gesundheit von Millionen Europäerinnen und Europäern muss vor den Konzerninteressen Bayers stehen“, teilte die Europaabgeordnete Jutta Paulus (Grüne) mit. Christine Vogt vom Umweltinstitut ergänzt, dass der Kommission eindeutig das politische Mandat fehle, das Pestizid weiter zuzulassen.

Kritik an Enthaltung von Deutschland

Die Entscheidung Deutschlands, sich am Donnerstag in Brüssel bei der Abstimmung zu enthalten, hat aufgrund unterschiedlicher Standpunkte innerhalb der Bundesregierung auch Kritik hervorgerufen. „Die Grünen sind erneut von der blockierenden FDP eingeknickt, und die SPD hat tatenlos dabei zugeschaut“, sagte Chris Methmann von der Verbraucherorganisation Foodwatch. „Das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nicht einzuhalten und dann nicht gegen die Verlängerung zu stimmen, ist scheinheilig und eine Täuschung der Wählerinnen und Wähler“. (mit dpa)

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