Software-Bausteine für die Produktion 10. Mrz 2023 Von Ragna Sonderleittner Lesezeit: ca. 5 Minuten

IEC 61499: Wie eine herstellerunabhängige Automation gelingen kann

Die industrielle Automatisierungstechnik steht vor einen Paradigmenwechsel. Klassische Steuerungen werden den Möglichkeiten neuester Software-Lösungen nicht gerecht und arbeiten proprietär. Mit Lösungen nach der Norm IEC 61499 könnte sich das ändern.

Austauschbar durch Standardisierung: Die Norm IEC 61499 soll für eine herstellerunabhängige Automatisierung sorgen. Im Zentrum stehen Software-Funktionsbausteine, die sich individuell konfigurieren und auf Hardware unterschiedlicher Hersteller übertragen lassen, wie dieser Ausschnitt aus dem Video "Neue Wege für die Automatisierung" zeigt.
Foto: Schneider Electric

Wer die Potenziale der digitalen Vernetzung ausschöpfen will, merkt schnell, dass herkömmliche Steuerungssysteme dabei eine nicht geringe Bremswirkung entfalten. Für die Möglichkeiten, die Software und KI bieten, ist die 50 Jahre alte Steuerungslogik einer Speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) selbst nicht ausgelegt und stößt deshalb an ihre Grenzen. Gegenwärtig sind die Software-Umgebungen an die Steuerungssysteme der jeweiligen Hersteller gekoppelt. Diese Umgebung wird auch als operative Technologie (OT) bezeichnet. Eine nahtlose und agile Integration der OT in die IT-Welt ist aber nur dann möglich, wenn alle cyber-physischen Systeme einer Anlage ohne Einschränkungen kommunikationsfähig und der Softwareebene zugänglich sind.

Normen für die Automatisierung

Eventbasiert statt zyklisch: Ereignissteuerung senkt Kommunikationslast

Eine vollständig offene Automatisierung gemäß der Norm IEC 61499 ist dafür die entscheidende Grundvoraussetzung. Die IEC 61499 aus dem Jahr 2005 ist eine Erweiterung der bisher üblichen Industrienorm IEC 61131 und definiert ein Modell für verteilte Steuerungssysteme. Während die Funktionsbausteine, wie sie in der IEC 61131 beschrieben sind, zyklisch abgearbeitet werden, liegt der IEC 61499 ein ganz anderes Konzept zugrunde: Die objektorientierten Funktionsbausteine besitzen nicht nur Ein- und Ausgänge für Daten, sondern auch Ein- und Ausgänge für Ereignissignale, sogenannte Events. Bei der damit möglichen Ereignissteuerung werden die in einem Gerät enthaltenen Bausteine nur dann bearbeitet, wenn entsprechende Events sie aufrufen. Die Kommunikationslast zwischen mehreren Steuerungen sinkt dadurch und die Flexibilität bei der Modifikation einer Produktionslinie wird deutlich erhöht.

Das Video „Neue Wege für die Automatisierung“ verdeutlicht die Unterschiede der Ereignissteuerung nach der Norm IEC 61499 zur klassischen Anlagensteuerung. Vorreiter aus Wissenschaft und Industrie stellen Beispiele vor.

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Anders als die klassische Automatisierungspyramide, die verschiedene Hierarchieebenen besitzt, sieht IEC 61499 also eine dezentrale Verteilung von Softwareapplikationen vor. An zentraler Stelle erstellte Programmstrukturen müssen nicht länger von einer zentralen SPS-Steuerung ausgeführt, sondern können theoretisch von jeder beliebigen mechatronischen Komponente mit genug Rechenleistung berechnet werden. Einzige Voraussetzung: ein hersteller- und hardwareübergreifendes Betriebssystem. So entsteht ein Kommunikationsnetz – die Automatisierungspyramide wird zu einem Produktionsnetzwerk.

Funktionsbibliothek nach IEC 61499 schafft Herstellerunabhängigkeit

Die IEC 61499 sieht außerdem vor, dass die Funktionsbibliotheken der Programmierumgebungen grundsätzlich offen und ohne Herstellerbindung zur Verfügung stehen müssen. Wenn das gegeben ist, spielt es für die Modellierung keine Rolle mehr, welche mechatronischen Komponenten als Basis zur Verfügung stehen. Der Anwender ist nicht mehr an die Wahl eines bestimmten Anbieters gebunden und Änderungen der Konfiguration können beim Austausch einer Komponente per Plug&Play realisiert werden. In einer Zeit der instabilen Lieferketten gewährt ein Vorgehen nach IEC 61499 also den unschätzbaren Vorteil, dass Hardwarekomponenten diverser Hersteller dadurch miteinander kompatibel sind und erstellte Programmstrukturen zwischen ihnen übertragen werden können. Eine dringend benötigte Automatisierungskomponente könnte somit notfalls durch eine Komponente eines anderen Herstellers ersetzt werden.

Prinzipdarstellung einer herstellerunabhängigen Automatisierung: In dieser Förderanlage arbeiten Komponenten unterschiedlicher Hersteller (in rot, grün und blau dargestellt) zusammen. Anlagenbauer und Anwender erhalten damit mehr Flexibilität bei der Auswahl der Automatisierungskomponenten. Foto: Schneider Electric / Video: „Neue Wege für die Automatisierung“

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