Bundesmarine im Kalten Krieg 06. Jul 2020 Von Peter Steinmüller Lesezeit: ca. 3 Minuten

Das Ende des Schulschiffs „Deutschland“

Vor 30 Jahren wurde das Schulschiff „Deutschland“ der Bundesmarine außer Dienst gestellt. Zuvor hatte es drei Jahrzehnte die Aufgabe erfüllt, den Offiziersnachwuchs in Technik und Betrieb eines Kriegsschiffes einzuführen.

Das Schulschiff Deutschland 1986 vor New York. Anlass waren die Feiern zum 100-jährigen Jubiläum der Freiheitsstatue.
Foto: CWO3 Montie Talbert, US Navy/Public Domain

Für 95 Mio. DM wurde der Bau im Herbst 1958 in Auftrag gegeben und am 11. September 1959 wurde die „Deutschland“ bei der Werft Nobiskrug in Rendsburg auf Kiel gelegt. Gut ein Jahr später fand am 5. November 1960 der Stapellauf in Anwesenheit von Bundespräsident Heinrich Lübke statt. „Deutschland“ war ein Traditionsname der deutschen Marinen. Zuletzt hatte ein 1931 vom Stapel gelaufenes Panzerschiff diesen Namen getragen, bevor es 1939 auf Befehl Adolf Hitlers in Lützow umbenannt und schließlich 1947 als sowjetisches Beuteschiff in der Ostsee versenkt wurde.

Auf den zunächst geplanten Namen „Berlin“ für das Schulschiff wurde wegen des Einspruchs der Alliierten, die über den Viermächtestatus der Stadt wachten, verzichtet. Denn völkerrechtlich war Berlin nicht Teil der Bundesrepublik. Trotz der kurz zuvor erfolgten Nato-Mitgliedschaft bedurfte der Bau des Schiffes einer alliierten Sondergenehmigung.

Fehlendes Know-how in der Bundesmarine

Die Indienststellung erfolgte am 25. Mai 1963. Ein eigenes Ausbildungsschiff für Offizieranwärter war notwendig geworden, weil mit der gewaltigen Aufrüstung in Ost und West im Kalten Krieg die Schiffstechnik, die Elektronik und die Bewaffnung von Kriegsschiffen enorme Fortschritte seit dem Zweiten Weltkrieg gemacht hatten. Da die Bundesrepublik bis Ende der 50er-Jahre über keine Streitkräfte verfügte, war kein entsprechendes Know-how vorhanden. Zudem befand sich die im Aufbau befindliche Bundeswehr mitten im Wirtschaftswunder im heftigen Wettbewerb mit der Privatwirtschaft um die damals schon knappen Fachkräfte .

Der Zerstörer Hessen während der Nato-Übung Northern Wedding im Jahr 1986. Das Schiff gehört zur Hamburg-Klasse, Viele ihrer Systeme waren auf dem Schulschiff Deutschland installiert, um die Offiziersanwärter damit ausbilden zu können. Foto: PH1 MUSSI – DoDMedia/Public Domain

Die „Deutschland“ wurde deshalb mit Kanonen, Radar­und Sonaranlagen ausgestattet, die in die anderen Schiffe der im Aufbau befindlichen Bundesmarine eingebaut werden sollten. Das betraf etwa die Zerstörer der Hamburg-Klasse und die Versorgungsschiffe der Rhein-Klasse. Ihre Verdrängung von 5600 t entsprach jener der Fregatten der Brandenburg-Klasse, wie sie in den 1990er Jahren vom Stapel liefen. Im Verteidigungsfall wäre die Deutschland als Minenleger, Lazarettschiff oder Truppentransporter eingesetzt worden. Im Kriegsfall sollte die junge Bundesmarine den Ausbruch der Marinen des Warschauer Paktes aus der Ostsee durch den Kattegat und die Arkonasee verhindern. Dann wären die Fähigkeiten der „Deutschland“ als Minenleger gefragt gewesen.

Auf einer Reise alle fünf Kontinente besucht

Die Ausbildung der jeweils 120 Kadetten fand weitgehend auf den 35 Auslandsausbildungsreisen statt. Dabei lief die „Deutschland“ Häfen in aller Welt an; insgesamt legte sie rund 730 000 sm zurück, was 33 Erdumrundungen gleichkam. So besuchte das Schiff 1974 Häfen auf allen Kontinenten, 1984 machte es anlässlich der Weltausstellung in New Orleans fest und es nahm drei Jahre später an der 100-Jahr-Feier der Freiheitsstatue in New York teil.

Das Schulschiff Deutschland vor der Küste Hawaiis im Jahr 1974. Bei den Ausbildungsfahrten hatte das Schiff jeweils 120 Offiziersanwärter zur Ausbildung dabei. Foto: US Navy, Public Domain

Für das Jahr 1990 war eine Grundüberholung des Schiffes vorgesehen. Aufgrund der veranschlagten Kosten von ungefähr 40 Mio. DM entschied die Marine, die Deutschland ersatzlos am 26.7.90 außer Dienst zu stellen. Bereits Ende der 1960er-Jahre hatte die Bundeswehr die ersten Lenkwaffenzerstörer in Dienst gestellt. Mit Waffen dieser Art war die „Deutschland“ nicht ausgestattet und entsprechend war keine Ausbildung an diesen Waffensystemen möglich gewesen, die heute die Hauptbewaffnung der deutschen Fregatten und Korvetten stellen. Die Ausbildung der Offizieranwärterinnen und Offizieranwärter findet seitdem auf Ausbildungsverbänden statt, die die Marine dazu zusammenstellt.

Hoffnungen, die „Deutschland“ als Museumsschiff in Wilhelmshaven zu erhalten, zerschlugen sich, weil kein Verein oder Unternehmen bereit war, die Umbau- und Unterhaltskosten zu tragen. Die Bundesregierung hätte in diesem Fall das Schiff kostenlos abgegeben. So wurde die „Deutschland“ schließlich im Jahr 1994 am berühmten Abbruchstrand im indischen Alang abgewrackt. Geblieben ist nur ein Anker, der am Dorfplatz von Sengwarden, einem Ortsteil Wilhelmshavens, an dieses Kapitel deutscher Seefahrt erinnert.

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