Lampenhersteller Signify 25. Mai 2018 Von Notker Blechner Lesezeit: ca. 3 Minuten

Internet aus der Deckenlampe

Mittels „LiFi“ werden Daten statt über Funk per Licht übertragen. Mit Signify führt nun der erste große Hersteller LiFi-fähige Lampen ein.

Lampe auf Sendung: Bei LiFi werden Daten durch Licht übertragen. In Frankreich läuft derzeit ein größeres Pilotprojekt dazu.
Foto: panthermedia.net/Sentavio

Eine kleine Revolution bahnt sich im Pariser Büroviertel La Défense an. Dort testet die französische Immobiliengesellschaft Icade in ihren Smart Offices die bahnbrechende Technologie „Light Fidelity“, kurz LiFi. Das Wort ist in Anlehnung an das Firmenkonsortium für Funkschnittstellen – WiFi – gewählt, wobei W wie WLAN durch L wie Licht getauscht wird. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Icade surfen also mithilfe der Deckenlampen.

„LiFi hat das Potenzial, die Bürowelt grundlegend zu verändern“, schwärmt Emmanuel Baboulin, Leiter der Gewerbeimmobilien-Sparte bei Icade. Er nutzt die ersten Leuchten von Signify (ehemals Philips Lighting), die LiFi-fähig sind und Daten mit bis zu 30 Mbit/s übertragen. Damit ließen sich mehrere Videos in HD-Qualität gleichzeitig streamen.

LiFi eignet sich für Bibliotheken und Flughäfen

Durch eine geringe Interferenzanfälligkeit eignet sich LiFi gerade für Orte, an denen viele Geräte gleichzeitig ins Internet gehen, etwa in Stadien, Bibliotheken oder an Flughäfen.

Mit Signify steigt nun der erste große Leuchtenhersteller in das Geschäft ein. „Damit ist jetzt der Sprung aus der Nische möglich“, meint Harald Haas, Professor an der Universität Edinburgh und Vater der LiFi-Technik. Er war einer der Ersten, der das Thema im Fraunhofer-Institut vorantrieb und es in die praktische Anwendung brachte. „Es ist also nicht mehr die Frage, ob, sondern wann die Technik kommt“, so Haas. Mit einzelnen leistungsfähigen LEDs seien Übertragungen mit bis zu 8 Gbit/s möglich.

In die LiFi-fähigen Leuchten ist ein Modem integriert. Es moduliert das Licht – nicht wahrnehmbar für das menschliche Auge. Das Signal wird durch einen LiFi-USB-Schlüssel bzw. -Dongle erkannt, der in der Anschlussbuchse des Notebooks, Tablets oder Smartphones steckt. Der USB-Dongle sendet die Daten über eine Infrarotverbindung an die Leuchte zurück.

Lichtübertragung sicherer als WLAN

Laut Haas ist die Lichtübertragung auch sicherer als WLAN, da die Daten im Raum bleiben. „Sie gehen nicht durch Wände hindurch“, sagt er. So sei es für Cyberkriminelle schwerer, sich Zugang zum Netzwerk zu verschaffen oder Daten abzugreifen.

Prinzipiell ließe sich die LiFi-Technik weltweit ausrollen, ohne länderspezifische Regularien einhalten zu müssen. „Licht ist überall frei zugänglich“, sagt Frank Deicke vom Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS). Er und seine Mitarbeitenden haben einen LiFi-Hotspot von Maschine zu Maschine sowie winzige LiFi-Gigadocs mit einer Reichweite von 5 cm bis 10 cm entwickelt, die Steckerverbinder ersetzen. Als weiterer Trumpf von LiFi gilt die elektromagnetische Verträglichkeit. Das kann in der industriellen Produktion wichtig sein, wo Daten stabil übertragen werden müssen. „Gerade in Fertigungshallen lassen sich verschiedene LiFi-Verbindungen aufbauen, die sich nicht stören“, erklärt Deicke.

LiFi kann durch Funkwellen nicht gestört werden

WLAN hat dagegen seine Mängel. Es lässt sich dort oft schwer aufbauen, weil sich viele Geräte dasselbe Medium teilen müssen. Auch in Krankenhäusern wäre LiFi eine Alternative, da hier besondere Anforderungen an die elektronische Verträglichkeit der Geräte gelten.

„LiFi kann durch Funkwellen nicht gestört werden“, weiß Volker Jungnickel vom Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik in Berlin. Er hält LiFi für die ideale Technik im Internet der Dinge (IoT).

„Die Gerätedichte wird in den nächsten Jahren drastisch zunehmen und für eine Verhundertfachung der Datenmengen sorgen.“ IoT könne nur über die Mitbenutzung der Beleuchtungsinfrastruktur klappen.

Philips-Manager Eric Rondolat sieht großes Potenzial für LiFi. „Das ist längst nicht mehr Science-Fiction.“ Noch sei die Technik nicht ganz ausgereift, sie müsse stabilisiert werden.

Technik braucht Sichtverbindung

Dass die Technik eine Sichtverbindung benötigt, kann nicht nur ein Vorteil, sondern auch ein Nachteil sein. Halte man zum Beispiel eine Hand über das LiFi-Modul, funktioniere die Verbindung nicht mehr, warnt Fraunhofer-Experte Deicke.

Ein weiteres Problem: Die Prototypen seien noch zu groß für die Integration in das Smartphone, räumt Fraunhofer-Experte Jungnickel ein. Mit Hochdruck arbeiten Forschungsinstitute und Start-ups daher an der Miniaturisierung, zum Beispiel der Integration in USB-Sticks.

„Mit der Verkleinerung sinken die Kosten und der Adaptionsaufwand“, erklärt LiFi-Pionier Haas. Sein 2012 gegründetes Start-up PureLiFi hat beim Mobile World Congress in Barcelona den ersten Laptop und das erste Smartphone Case präsentiert, die LiFi integrieren.

Noch keine einheitlichen Standards

Aber Geräte mit der Technologie sind teils sehr teuer: Das französische Start-up Oledcomm verkauft die auf der CES vorgestellte Schreibtischlampe MyLiFi via Crowdfunding-Kampagne für 699 €.

Noch gibt es keine einheitlichen Standards für die LiFi-Technik. Das freilich ändere sich gerade, erzählt Fraunhofer-Forscher Jungnickel. Zurzeit gebe es Konferenzen, auf denen Standards diskutiert und entwickelt werden. An eine Verdrängung von WLAN durch LiFi glaubt er nicht. „Licht wird Funk nie ablösen.“ Beide Techniken werden sich ergänzen, glaubt er.

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