Verband der Elektro- und Digitalindustrie 24. Jan 2022 Von Stephan W. Eder Lesezeit: ca. 3 Minuten

ZVEI-Präsident: „Das Wachstum ist nachhaltig und wird sich auch so fortsetzen“

Die deutsche Elektro- und Elektronikindustrie startet prächtig erholt aus der Corona-Krise ins Jahr 2022, so der Tenor des Branchenverbands ZVEI heute auf seiner alljährlichen Jahrespressekonferenz. Einziges wirkliches Sorgenkind: der Fachkräftemangel, auch bei der Ingenieurausbildung.


Foto: PantherMedia / Gorodenkoff

Selbst für einen erfahrenen Industrieverband ist es ungewohnt, wenn dessen Präsident sagen kann: „Der Koalitionsvertrag ist die Blaupause für eine All-Electric-Society.“ In diesem Fall heißt der Verband ZVEI, dessen Präsident heißt Gunther Kegel und die All-Electric-Society ist das Verbandsleitbild für eine zukünftige gesellschaftliche Entwicklung. Kegels Äußerung heute morgen heißt also nichts anderes, als dass die Bundesregierung die Leitideen des Verbands zum Regierungsprogramm gemacht hat. Das gelingt nur den wenigsten Interessengemeinschaften. Und wenn dann noch, wie heute Morgen auf der ZVEI-Jahrespressekonferenz, die Wirtschaftskennzahlen solide sind, dann darf ein Verbandspräsident (fast) rundum zufrieden sein.

„Als eine von wenigen Branchen ist es gelungen, die Verluste aus dem Vorjahr mehr als nur wettzumachen“, sagte Kegel mit Blick auf 2021. Ausgehend von den Zahlen für den Zeitraum Januar bis November 2021, sei die Produktion um 9,5 % gegenüber 2020 gestiegen (absolute Zahlen nannte der ZVEI nicht), der Umsatz um knapp 10 % auf 181,5 Mrd. €. Auf das gesamte vergangene Jahr hochgerechnet, werde die Branche erstmals knapp die 200-Mrd.-€-Marke erreichen. Das sei ein Zehntel der deutschen Industrieproduktion, so der ZVEI. Für 2022 sei eine Prognose nicht einfach, aber „Stand heute“ gehe der Verband von +4 % bei der Produktion aus, so Kegel: „Die Zahlen sind umso beachtlicher, weil auch das zurückliegende Jahr von der Corona-Pandemie und Lieferengpässen bestimmt war.“

Halbleiterkrise: Entspannung in Sicht

Zu schaffen macht der Branche nach eigenen Angaben die anhaltende Materialknappheit. „Ohne die vorhandenen Lieferengpässe hätte der Umsatz 2021 deutlich höher ausfallen und die 200-Mrd.-€-Marke geknackt werden können“, heißt es beim Verband.

Der ZVEI erwartet frühestens ab Jahresmitte eine Besserung der Lage. Lieferengpässe werden die Branche das ganze Jahr beschäftigten, aber mit sinkender Intensität, so ZVEI-Präsident Kegel. In diesem Zusammenhang forderte Kegel, die EU müsse dringend ihr Förderprogramm für Mikroelektronik auf den Weg bringen, um international den Anschluss nicht zu verlieren. Anderswo würden Zukunftstechnologien mit Milliardenförderungen bedacht, da dürfe Europa nicht zurückstehen, meinte Kegel.

Jahrespressekonferenz des ZVEI zum Jahr 2021 am 24. Januar 2022. Grafik zur Produktionsentwicklung.

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Jahrespressekonferenz des ZVEI zum Jahr 2021 am 24. Januar 2022. Grafik zur Exportentwicklung in die TOP-10-Abnehmerländer.

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Jahrespressekonferenz des ZVEI zum Jahr 2021 am 24. Januar 2022. Grafik zur Beschäftigungsentwicklung.

Foto: ZVEI

Elektronikbranche treibt Energiewende und Digitalisierung

Selbstbewusst stellte Kegel fest, dass die Megatrends Elektrifizierung und Digitalisierung unmittelbar mit der Elektro- und Digitalindustrie verbunden seien – und durch die Koalitionsvereinbarung der neuen Bundesregierung nochmals verstärkt worden seien. Eben jene „Blaupause für eine All-Electric-Society“, von der Kegel sprach: „Die Branche wächst dort schnell, wo wir Vorprodukte für eine All-Electric-Society zur Verfügung stellen können.“ Der Begriff beinhaltet, dass für ambitionierten Klimaschutz die Elektrifizierung durchgängig alle klimarelevanten Sektoren koppelt: Energie, Industrie, Gebäude und Mobilität. Das müsse jetzt „entschlossen angegangen werden“, forderte Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung.

Bei intelligenter Verbindung und direkter Nutzung könne erneuerbarer Strom nicht nur eine zunehmend CO2-freie Energieversorgung ermöglichen, sondern auch hohe Energieeffizienzpotenziale generieren. Zwar ist klar, dass der Stromverbrauch im Zuge dessen zunächst steigen werde, aber, so Weber: „Durch Elektrifizierung kann der Primärenergiebedarf bis 2045, dem Zieljahr für Klimaneutralität, um mehr als 40 % gesenkt werden.“ Die Technologien hierfür seien vorhanden, blieben aber weiterhin zu häufig ungenutzt.

Fachkräftemangel bedroht den Industriestandort Deutschland

Die deutsche Elektro- und Elektronikindustrie ist heute eine Branche mit 877 000 Beschäftigten. 2021 hätten die Belegschaften um mehr als 5000 Stellen zugelegt, hingegen sei die Kurzarbeit deutlich auf 15 000 zurückgegangen. Aber perspektivisch sorgt sich der ZVEI-Präsident um die Standorte der Branche in Deutschland: Bisher seien im Ingenieurbereich in der Regel die Menschen 1:1 ersetzt worden. „Heute liegt das Verhältnis bei 0,7“, erklärt Kegel, nur sieben Neueinstellungen kämen auf zehn Ingenieurinnen und Ingenieure, die in der Branche in den wohlverdienten Ruhestand gingen.

Der Verbandspräsident verdeutlichte: Unternehmen würden statt in Deutschland verzweifelt Personal zu suchen sich auf den Fachkräftemangel einstellen – und entweder im Ausland suchen oder direkt dorthin verlagern, wo die Fachkräfte zu bekommen seien. Auch würde der Mangel alle Fachkräfte betreffen – sowohl die studierten Ingenieure und Ingenieurinnen als auch andere wie Technikerinnen und Handwerker. Das stellt nicht nur den ZVEI und seine Mitgliedsunternehmen vor Herausforderungen: „Der Großteil der Gebäude ist nicht energiewendefähig, die Sanierungsquote zu gering und die Elektroinstallationen sind häufig museumsreif“, so Wolfgang Weber. Diesen Sanierungsstau beseitigen zu können, dürfte nicht nur eine Frage des Geldes sein.

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