Porträt 12. Jun 2023 Von Volker Stephan Lesezeit: ca. 3 Minuten

Erneuerbare Energien: Ingenieurin Bärbel Heidebroek vertritt die Windkraft in Deutschland

Der Bundesverband Windenergie (BWE) hat nach zwei Jahrzehnten einen Wechsel an der Verbandsspitze vollzogen: Die Agraringenieurin und Energiewirtin Bärbel Heidebroek soll den BWE in die entscheidende Phase der deutschen Energiewende führen.

Bärbel Heidebroek, seit Mai 2023 Präsidentin des Bundesverbands Windenergie e. V. (BWE). Die Agraringenieurin folgt Hermann Albers nach, der den Verband seit 2007 geführt hatte.
Foto: Bundesverband Windenergie

Der Bundesverband Windenergie (BWE) bevorzugt in der Chefetage Personal aus dem sprichwörtlichen „Nirgendwo“. Eigentlich ein Anachronismus, finden das Ränkeschmieden und Einflussnehmen doch am Puls der Zeit, im politischen Berlin, statt. Für den BWE zählt allerdings offenbar ein anderer Stallgeruch. Die Windkraft-Interessenvereinigung von 20 000 Mitgliedern setzt auf Menschen, die noch wissen, wie ein wirklicher Stall riecht. Der Nordfriese Hermann Albers, im Mai als BWE-Präsident ausgeschieden, betreibt ebenso Landwirtschaft wie seine Nachfolgerin Bärbel Heidebroek.

Ausbau von Windkraft an Land wird ausgebremst durch Preissteigerungen und Zinsanstieg

Was Albers sein abgelegenes Simonsberg bei Husum an der Nordseeküste ist, das ist Bärbel Heidebroek ihr niedersächsisches Dorf an der ehemaligen Zonengrenze. In diesem Ort, nördlich des Landschaftsschutzgebiets Großes Bruch im heutigen Sachsen-Anhalt, verlieren sich auf 1 km2 40 Menschen. Oder anders: Hier kennt jede jeden. Als Landei sieht sich Bärbel Heidebroek dennoch nicht. Seit ihrem Studium hat sie die Welt bereist, viel Zeit in der Dominikanischen Republik, in Brasilien, Russland und Kolumbien verbracht, wollte eigentlich in die Entwicklungszusammenarbeit. „Nur weil ich so viele unterschiedliche Menschen und Kulturen kennengelernt habe“, sagt sie, „ist es mir wahrscheinlich möglich, in einem kleinen Dorf zu leben.“ Hierher habe sie mitgebracht, unterschiedliche Perspektiven in ihre Betrachtungen einzubeziehen.

Wind-Chefin Heidebroek will Gegeneinander verschiedener erneuerbarer Energieformen überwinden

Natürlich ist die 1969 im hessischen Bad Hersfeld geborene Agrarwissenschaftlerin, die ihren Master in Ökologischer Landwirtschaft gemacht hat, längst auch Energiewirtin. In den Hof Heidebroek, der rund 270 Jahre in Familienbesitz ist, hat sie im Jahr 2000 eingeheiratet. Die ersten eigenen 13 Windkraftanlagen drehen sich seit 2003 im 50 km entfernten Uhrsleben. Das waren nur zwei Jahre, nachdem das Geschäftsführer-Ehepaar Alexander und Bärbel Heidebroek die Landwind-Gruppe gegründet hatte. Das Unternehmen beschäftigt heute über 90 Menschen, betreibt 120 Windturbinen, ist an einigen Biogasanlagen beteiligt und versorgt Unternehmen – darunter Jägermeister in Wolfenbüttel – und Haushalte mit Strom oder Nahwärme. Das neueste Geschäftsfeld ist Solarenergie.

Windkraftanlagen bremsen auch für Vögel

Nun ist also eine Allrounderin auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien das Gesicht des Windverbands. Passt diese thematische Fokussierung überhaupt? Wie bei ihrem Vorgänger Albers, dessen Stellvertreterin sie vier Jahre lang war, vertritt Heidebroek das Ziel, Deutschland auf 100 % erneuerbare Energiequellen umzustellen. „Nach meinem Verständnis funktioniert das nicht, wenn ich Windkraft gegen Solarenergie oder andere Energiequellen ausspiele“, sagt sie. Der BWE sei ohne Zweifel „die starke Stimme des Windes“ und „der Leistungsträger“ im Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). Die Integration der verschiedenen Verbände in den BEE sei aber „sinnvoll“, um statt „Kleinstaaterei“ einen einzigen Ansprechpartner für die Politik zu haben. Ihre Heimat Niedersachsen lebe das vor, mit dem Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen e. V., der für alle Sparten spreche.

Für die Windkraft gibt es in Deutschland noch viele Hindernisse zu überwinden

Nicht zufällig ist Heidebroek seit drei Jahren Vorsitzende eben jenes Landesverbands. Binnen fünf Jahren, in denen sie verbandspolitisch tätig ist, hat sie eine stattliche Anzahl von Ämtern angehäuft. Sie ist zudem Vizepräsidentin der IHK Braunschweig und Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses in der ehemaligen Grenzstadt Helmstedt. Unternehmerin, Verbandspolitikerin, da kommt eine Menge an Terminen und Reisen für die vierfache Mutter zusammen, die von sich behauptet, die Work-Life-Balance noch gut hinzubekommen. „Die Firma macht mir Spaß, die politische Tätigkeit auch, ich sehe das selten als wirkliche Belastung.“ Ausgleich bringen feste Zeiten für die Familie, für Sport und ihr Lieblingsinstrument, das Saxofon.

Weniger Treibhausgas für Windkraft und Co.

Ob sie den BWE in einer Zeit übernehme, wo die Windkraft leichtes Spiel hat, nach Robert Habecks Windenergie-an-Land-Gesetz und der Flächenvorgabe für die Bundesländer? „Wo Habeck jetzt nur noch Kieselsteine sieht, erkenne ich weiterhin Felsbrocken“, antwortet Heidebroek auf die Frage. Die Genehmigungsverfahren seien zu langsam und auch beim Ersatz alter durch neue Anlagen, dem Repowering, hake es. „Wo eine Anlage steht, muss auch künftig eine stehen können“, zitiert sie den Berliner Koalitionsvertrag zum Repowering, wodurch ein Nettozubaupotenzial von 45 000 MW möglich würde. Dass die Vergütungssätze bei den Ausschreibungen unlängst angehoben wurden, verteidigt sie gegen Kritik. Die Beschaffungskosten seien extrem gestiegen, bis hin zu den Umspannwerken. „Bei guter Einspeisung – wie aktuell – drücken wir den Strompreis. Wir sind die Billigmacher!“

Und auch den Begriff „Nirgendwo“ würde Bärbel Heidebroek nicht gelten lassen – gemäß dem allgemeinen Credo, dass die Energiewende dezentral erfolgen müsse. Also auch in Simonsberg, in Gevensleben, überall.

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