BIOMASSE 26. Jun 2019 Christian Dany Lesezeit: ca. 3 Minuten

Minikraftwerk ersetzt Dieselmotor

Mit einem kompakten Mini-Holzvergaser will die Düsseldorfer Entrade Energiesysteme eine Anlage vor allem für die Elektrifizierung von netzfernen Gebieten in Entwicklungs- und Schwellenländern anbieten. Die modulare Konzeption vereinfacht den Transport und den Aufbau der Anlage.

Mikro-Biomasse-Kraftwerk: Die „E3“ genannte Anlage von Entrade kann weltweit per Luftfracht verschickt werden.
Foto: Entrade

„Mit sechs starken Männern“, sagt Julien Uhlig, Vorstand der Düsseldorfer Entrade Energiesysteme AG, könne das Biomasse-Kleinkraftwerk E3 zum Einsatzort getragen werden. Es passe durch jede Haustür.

In Pfaffenhofen an der Ilm, an dem Entwicklungsstandort der von Entrade übernommenen Agnion energy, wurde der neuartige Holzvergaser im Kompaktformat vor Kurzem vorgestellt. Das aus einem Mini-Holzvergaser und einem Gasmotor bestehende Aggregat hat eine installierte elektrische Leistung von 22 kW und eine thermische Leistung von 55 kW. Damit kommt es auf einen kombinierten Wirkungsgrad von 85 % (24 % elektrisch, 61 % thermisch), so der Hersteller.

Das Bewähren in der kommerziellen Praxis hat das Kleinkraftwerk noch vor sich. Beachtenswert ist der logistische Ansatz, denn das E3 ist ein Platzwunder: Mit den Grundmaßen 160 cm x 190 cm kann es auf zwei Stahlgestellen bequem mit dem Gabelstapler transportiert werden. Insgesamt wiegt die Anlage weniger als 1 t.

Dadurch, dass Vergasungs- und BHKW-Teil getrennt aufgebaut sind, lassen sich beide „Hälften“ sogar per Hand bewegen. Installation und Inbetriebnahme erfordern dann, die beiden „Hälften“ mit flexiblen Schläuchen und Steckern zu verbinden. Zum gesamten Kraftwerk gehört noch ein Schaltschrank und – für einen professionellen Betrieb unerlässlich – ein Pelletlager mit automatischer Zuführung. Es können aber auch Pellets per Hand in den kleinen Vorratsbehälter gefüllt werden, so Entrade.

Als Einsatzstoff dienen Industriepellets, also auch B-Qualitäten ohne näher definierte Bestimmungen. Aus den Pellets wird in dem Hochtemperaturreaktor ein Synthesegas erzeugt, mit dem dann der Gasmotor angetrieben wird.

Die Anlage arbeite voll automatisiert und enthalte alle Sicherheitsstandards, so Uhlig. „Geometrie, Luftführung – alles, was zu entwickeln war, wurde zuerst am Computer simuliert“, erklärt er die Entwicklungsweise des komplett neuen Festbett-Gleichstromvergasers. Alle drei Reaktionen (Pyrolyse, Reduktion und Oxidation) liefen hier in einer Kammer ab.

Eine Besonderheit sei die rein zylindrische Form des Vergasungsreaktors, der keine konische „Einschnürung“ habe. Diese Geometrie ermögliche eine gleichmäßig hohe Verweilzeit und Temperatur von 1200 °C. Deshalb liege der bei der Vergasung entstehende Teer gemäß SPA-Messverfahren nur zwischen 0,12 g/m3 und 0,15 g/m3Synthesegas. „Vergleichbare Anlagen erzeugen ein Vielfaches dieser Teerwerte, was im Alltagsbetrieb zu hartnäckigen Ablagerungen führt und oftmals technische Ausfälle zur Folge hat“, sagt Uhlig. Das E3 sei mit einem Zyklon- und nachgeschaltetem Papierfilter ausgerüstet. „So ein Papierfilter ist überall zu bekommen.“

„Per Luftfracht kann das E3 innerhalb von 24 h in jeden Teil der Welt geliefert werden.“ Julien Uhlig, Vorstand der Entrade Energiesysteme AG.Foto: Christian Dany

Das Kerngeschäft erhofft sich der Entrade-CEO in Entwicklungs- und Schwellenländern. Dort soll das kompakte E3 in netzfernen Gebieten Dieselgeneratoren ablösen. „Per Luftfracht kann es innerhalb von 24 h in jeden Teil der Welt geliefert werden.“

Einfachheit und Robustheit seien deshalb die Maximen bei der Entwicklung gewesen, woraus sich vier Ziele ableiteten: Das Holzgaskraftwerk müsse ohne Kran transportabel sein. Es solle möglichst wenig bewegliche Teile haben. Der Betreiber solle die Asche nicht anfassen müssen und das Gas müsse ohne Waschflüssigkeit gereinigt werden können. Uhlig: „Die Anlage hat nur zwölf Sensoren.“ Zum Vergleich: Der Heat-Pipe-Reformer, das von Agnion entwickelte Holzgaskraftwerk mit 400 kW elektrischer Leistung, braucht deren 3000.

DIE ZIELMÄRKTE FÜR DEN MINI-HOLZVERGASER REICHEN VON DEUTSCHLAND BIS NACH AFRIKA

Eine erste Kleinserie ist schon produziert worden. Konkret sollen bereits innerhalb der nächsten Monate zehn Module in acht Ländern in Betrieb genommen werden. Finanziert von der Weltbank, geht eine Anlage nach Uganda, wo ein Dorf über ein kleines Stromnetz versorgt werden soll. Die fertige Anlage kostet mindest 70 000 €. Uhlig sieht auch Einsatzfelder in Europa und vor allem in Deutschland: zum Beispiel zur Versorgung von Mehrfamilienhäusern, denn der Stromerzeugungspreis sei derzeit etwa 40 % günstiger als der normale Haushaltsstromtarif.

Ein Großteil der Entwicklungsarbeit wurde von der Technischen Universität Graz, an der Entrade ein Forschungszentrum betreibt, maßgeblich mitgestaltet. Dort steht ein weiterer Prototyp des Mini-Kraftwerks E3, an dem 18 Monate lang entwickelt wurde und auf das 14 Patente angemeldet wurden. Das Team um Entwicklungsleiter Michael Hofmeister hat drei 500-Stunden-Tests gefahren. „Jeweils 14 h am Tag, weil gerade die An- und Abfahrphasen kritisch sind“, sagt Uhlig. So seien ungünstige Betriebsbedingungen simuliert worden.

Entrade hat schon viele Anfragen vorliegen, sieht sich aber mehr als Energieversorger denn als Anlagenbauer. „Wir haben eigentlich nicht vor, direkt an Endkunden zu liefern“, sagt Uhlig. Der Eigenbetrieb sichere die Brennstoffqualität, damit die Funktion und die Langlebigkeit der Anlage. So solle in Afrika auch der Einsatz von Bambus als Brennstoff ermöglicht werden.

Bei der Auswertung von Messdaten kooperiert Entrade mit dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) in Oberhausen. Tim Schulzke, dort Gruppenleiter für Thermochemische Konversion, hat bei seinem letzten Besuch in Pfaffenhofen Teermessungen vorgenommen: „Die Werte liegen leicht über den von Entrade gemessenen“, sagt der Vergasungsexperte. „Doch messen wir mit einer anderen Methode nach dem European Tar Standard und da waren höhere Werte zu erwarten.“

Vorteilhaft an dem eingesetzten Motor sei der Schutz durch eine „Teerfalle“ vor dem Eintritt in den Brennraum. Was die Geometrie des Vergasungsreaktors betreffe, gelte bei größeren Vergasern die konische Einschnürung eigentlich als Lehrmeinung. Doch könne bei kleinen Reaktoren wie dem E3 die zylindrische Form mit der oberhalb der Reaktionszonen eingeblasenen Vergasungsluft durchaus vorteilhaft sein. „Das E3-Minikraftwerk ist auf jeden Fall ein vielversprechender Ansatz, bei dem halt noch die Langzeiterfahrungen fehlen“, erklärt Schulzke.

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