Kampfpanzer für die Ukraine 08. Feb 2023 Von Peter Steinmüller Lesezeit: ca. 4 Minuten

Wie der Leopard 1 gegen russische Kampfpanzer bestehen kann

Im Ukrainekrieg hat der Leopard 1 Schwächen bei der Kanone und der Panzerung. Doch im Gefecht kann er einen Vorteil ausspielen.

Der Leopard 1 war ein wichtiger Kampfpanzer aus dem Kalten Krieg. Nun soll er an die Ukraine geliefert werden. Das Bild zeigt ein norwegisches Exemplar während eines Wintermanövers im Jahr 1987.
Foto: CPL J.D. Gonzales/public domain

Die Forderungen, eingelagerte Kampfpanzer des Typs Panzer 1 an die Ukraine zu liefern, kam kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf. Nun hat die Bundesregierung nachgegeben: Am gestrigen Dienstag gab Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius in Kiew bekannt, die Ukraine solle von einer Gruppe europäischer Länder mehr als 100 Kampfpanzer des älteren Typs Leopard 1A5 erhalten. Zwischen 20 und 25 davon sollen bis Sommer geliefert werden, bis Ende des Jahres bis zu 80.

Was der Leopard 2 der Ukraine bieten kann

Doch wie kann dieser aus den 1960er-Jahren stammende Kampfpanzer in einem Krieg gegen moderne russische Kampfpanzer bestehen? Antworten finden sich in der Geschichte und der Technik des Leopard 1.

Die Bundeswehr legte beim Leopard 1 Wert auf Mobilität und Feuerkraft

Als Ende der 1950er-Jahre mit der Konstruktion des ersten deutschen Kampfpanzers nach dem Zweiten Weltkrieg begonnen wurde, lauteten die Forderungen der Bundeswehr: Im sogenannten eisernen Dreieck der Panzerkonstruktion sind die Eigenschaften „Mobilität“ und „Feuerkraft“ besonders wichtig. Auf Panzerung wurde dagegen weniger Wert gelegt. Der Grund dafür war, dass sich in dieser Zeit Hohlladungsgeschosse als bevorzugtes Mittel der Panzerbekämpfung durchgesetzt hatten, gegen die alle damals bekannten Panzerungen nutzlos waren.

Die vielen Varianten des Leopard 1 und den Einsatz bei ausländischen Streitkräften erklärt diese Fotogalerie:

Ein Leopard 1 während einer Übung im Jahr 1968. Am Turm ist der große Scheinwerfer montiert. Vor der Einführung von Nachtsichtgeräten sollte er für die Beleuchtung des Gefechtsfeldes sorgen. Ein Panzer würde das Ziel anleuchten, ein anderer es bekämpfen.

Foto: Fotocollectie Anefo/public domain

Dem Auftrag für den Leopard ging ein aufwendiges Auswahlverfahren unter drei Wettbewerbern voraus. Dieser Prototyp A2 von Porsche, Atlas- MAK, Jung-Jungenthal, Luther & Jordan steht im Deutschen Panzermuseum Munster.

Foto: Steinmüller

Die roten Andreaskreuze auf diesem Leopard im Panzermuseum Munster zeigen, dass dieses Exemplar für die Feinddarstellung in einem Manöver verwendet wurde.

Foto: Steinmüller

Das Foto zeigt eine Kolonne mit Leopard 1 und Flugabwehrpanzern Gepard während des Reforger-Manövers im Jahr 1985. Der Gepard besaß die gleiche Wanne wie der Leopard. Entsprechend konnte er die Kampfpanzer auch unter feindlichem Beschuss und bei schwierigem Gelände begleiten.

Foto: SSGT. David Nolan/public domain

Zwei Jahre zuvor fand Reforger bei wesentlich freundlicherem Wetter statt: Ein Leopard bewacht das hessische Dorf Effolderbach. An der Turmseite ist die Zusatzpanzerung zu erkennen, mit der frühe Versionen mit gegossenem Turm nachgerüstet wurden. Ebenfalls an der Seite die Öffnung des stereoskopischen Entfernungsmessers zu sehen. Spätere Versionen besaßen ein Laserentfernungsmessgerät.

Foto: CMSGT Don Sutherland, USAF/public domainv

Der Eisenbahntransport spielte eine wichtige Rolle bei der Verteidigungsplanung im Kalten Krieg. Die Bundesbahn hielt entsprechende Kapazitäten an Loks und Spezialwaggons vor. Dieser Waggon mit Leopard 1 steht vor dem Deutschen Panzermuseum in Munster.

Foto: Steinmüller

Zu den Fahrzeugen, die auf Basis des Leopard 1 entstanden, gehört auch der Pionierpanzer 1, hier beim Bergen eines Kpz M48 in Baumholder. Um im losen Untergrund Halt zu finden, hat der Pionierpanzer sein Räumschild abgesenkt.

Foto: powidl/public domain

Zur Leopard-Familie gehört auch der Brückenlegepanzer Biber. Etliche Exemplare wurden bereits an die Ukraine geliefert. Die technische Innovation in den 1970er-Jahren beim Biber war das waagrechte Ausbringen der Brücke. Zuvor waren Scherenbrücken im Einsatz, die sich beim Ausbringen senkrecht stellten und damit ein leichtes Ziel abgaben.

Foto: Bundeswehr/ PEOPLEFOTOGRAF MARKO GREITSCHUS

Ein dänischer Leopard 1A5 zerstört ein serbisches Flugabwehrgeschütz während der internationalen Friedensmission in Bosnien-Herzegowina. Das Räumschild des Panzers kann zum Ausheben von Stellungen genutzt werden, sodass die Wanne durch einen Erdwall geschützt ist.

Foto: SPC F.David Morgan/public domain

Ein kanadischer Leopard 1 wird im Jahr 2006 für den Flug nach Afghanistan verladen. Gut zu erkennen ist die umfangreiche Zusatzpanzerung aus Kevlar und Keramik, die speziell für den Afghanistaneinsatz angebracht wurde.

Foto: U.S. Air Force photo/ Master Sgt. Mitch Gettle

Am Ende der Entwicklung stand ein Kampfpanzer, dessen Leistungsfähigkeit die seiner Zeitgenossen in der Nato und im Warschauer Pakt übertraf. Entsprechend statteten viele europäische Staaten ihre Armee damit aus. Zwischen 1964 und 1984 wurden 4700 Exemplare gebaut.

Beweglichkeit: Der Leopard 1 war der mobilste Kampfpanzer der 1960er-Jahre

Als Antrieb kam ein Dieselmotor von Maybach-Motorenbau (später MTU Friedrichshafen) zum Einsatz, der MB 838 CaM-500. Der Zehnzylinder schafft aus 37,4 l Hubraum eine Leistung von 610 kW. Der Treibstoffvorrat reicht für einen 450-km-Marsch abseits der Straßen. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 60 km/h, starker Beschleunigungsleistung, einer schnellen Rückwärtsgeschwindigkeit dank zweier Rückwärtsgänge war der Leopard 1 der mobilste Kampfpanzer der 1960er-Jahre. Dazu trug auch das Laufwerk bei.

Dieser Bundeswehrausbildungsfilm von 1972 zeigt das Zusammenwirken einer Leopard-1-Besatzung

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Die Torsionsfederung der Laufrollen wurde von hydraulischen Stoßdämpfern unterstützt. Mit diesen Eigenschaften ist der Leopard 1 gut für die schlammigen Böden der Ukraine gerüstet. Als erster Kampfpanzer überhaupt waren Motor, Kühlanlage sowie Getriebe in einem sogenannten Powerpack zusammengefasst. Schnellkupplungen ermöglichten das schnelle Trennen von Elektrik- und Kraftstoffleitungen. Damit war ein Triebwerkswechsel in der Feldwerkstatt in einer halben Stunde möglich. Das sollte die Durchhaltefähigkeit gegen einen zahlenmäßig weit überlegenen Feind erhöhen, indem die Wartungszeiten minimiert wurden – Eigenschaften, die auch in der Ukraine verlangt werden.

Schutz: Der Leopard 1 verfügt über eine schwache Panzerung

Bei der Panzerung ist der Leopard den zeitgenössischen westlichen Panzern wie dem britischen Challenger deutlich unterlegen. Die Bugpanzerung beträgt 70 mm und kann von den Geschossen der aktuellen Generation russischer Panzer durchschlagen werden. Die bis zu 35 mm gepanzerten Seitenwände waren von Anfang an lediglich gegen die 20-mm-Maschinenkanonen von Schützenpanzern ausgelegt. Im Gegensatz zum ursprünglichen Turm aus Gussstahl ist der Turm des A5 geschweißt und verfügt über eine Schottpanzerung. Mit Zwischenraum hintereinander montierte Metallplatten sollen die Wirkung der eindringenden Geschosse abmindern und so den Schaden verringern.

Dieser Bundeswehrfilm von 1970 zeigt den Bau des Leopard 1:

In den taktischen Vorgaben der Bundeswehr soll die schwache Panzerung der Wanne ausgeglichen werden, indem Panzer in der Verteidigung eine sogenannte „Hull-down-Position“ hinter einem Erdwall oder Ähnlichem wählen, sodass nur der Turm über die Deckung ragt. Bei Bedarf schüttet ein Bergepanzer diesen natürlichen Schutz mit seiner Räumschaufel auf. Beim Stellungswechsel kommt dem Leopard 1 seine von zwei Rückwärtsgängen ermöglichte hohe Rückwärtsgeschwindigkeit zugute. Russische Modelle kommen dagegen nicht über 5 km/h hinaus und müssen für den Stellungswechsel gefährliche Wendemanöver unter Beschuss vollführen.

Bewaffnung: Die Kanone des Leopard 1 kann nicht die Frontpanzerung der russischen Panzer durchschlagen

Für die Bewaffnung wählten die Verantwortlichen für den Leopard 1 die britische 105-mm-Kanone L7 aus. Aufgrund ihrer Qualitäten wie Präzision, Zuverlässigkeit und Durchschlagskraft stattete sie in den 1960ern die Kampfpanzer der bundesdeutschen, britischen und US-Armee aus. Allerdings können die Wuchtgeschosse der L7 die Frontpanzerung der in der Ukraine eingesetzten Panzer der Typen T-72, T-80 und T-90 nicht durchschlagen. In der Version A5 ist der Leopard 1 mit einer Feuerleitanlage mit Laser-Entfernungsmessgerät ausgestattet, die in der Leistungsfähigkeit an die des Nachfolgers Leopard 2 heranreicht.

Der Leopard 2 begeht sein Dienstjubiläum

Das gemeinsame Wärmebildgerät von Kommandant und Richtschütze entdeckt Ziele bis zu einer Entfernung von 3000 m. Im Vergleich zu vorherigen Leopard-1-Versionen kann der Richtschütze wesentlich schneller feindliche Panzer anvisieren, was besonders in einer Duellsituation die Überlebensfähigkeit verbessert. Die Feuerleitanlage und die gyroskopisch geregelte Waffenstabilisierungsanlage ermöglichen das Schießen während der Fahrt. Frühere Leopard-Versionen und einige aktuell eingesetzte russische Panzer müssen erst einen Schießhalt einlegen, um zuverlässig zu treffen.

„Der Leopard 1 ist veraltet, hat aber noch Kampfkraft“

Angesichts der schwachen Panzerung und relativ niedrigen Feuerkraft kommt es für den Leopard 1 darauf an, seine Beweglichkeit auszuspielen. Der Militärhistoriker Jens Wehner, der seinen Wehrdienst als Leopard-Fahrer leistete, twitterte bereits im Frühjahr: „Der Panzer ist veraltet, hat aber noch Kampfkraft. Gegen moderne Panzer mit fähigen Besatzungen ist die Taktik entscheidend.“ Wehner erinnerte daran, dass bei Übungen die Leopard 1 auch gegen Leopard 2 bestehen konnten, besonders auf kurze Distanzen. Entsprechend wichtig wird sein, wie gut die ukrainischen Besatzungen ihr Kriegsgerät beherrschen, um russische Verbände in Hinterhalte zu locken oder auszumanövrieren.

Der Panzerexperte Rolf Hilmes hat gegenüber VDI nachrichten das Verhältnis Technik und Mensch so erklärt: „Die technische Leistungsfähigkeit eines Panzers trägt nur die Hälfte zu seinem Kampfwert bei, die Qualität der Besatzung macht die andere Hälfte aus. (…) Und hier ist die Ukraine weit vorne.“

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