Sicherheitspolitik 05. Okt 2022 Von Peter Steinmüller Lesezeit: ca. 3 Minuten

Wie Nato und EU in der Arktis mit Russland umgehen sollten

In der Arktis sollten die westlichen Staaten trotz des Ukrainekrieges mit Russland weiter zusammenarbeiten, ohne die Sanktionen aufzuweichen. Das empfiehlt eine aktuelle Studie für die Bundesregierung.

Seit Jahrzehnten beziehen die USA und Russlannd die Arktis in ihre Sicherheitspolitik ein. Hier durchbricht das US-U-Boot USS Seawolf im Jahr 2015 das Eis am Nordpol.
Foto: U.S. Navy/public domain

Die Arktis galt lange als eine Weltgegend, in der sich Eisbär und Polarfuchs gute Nacht sagen. Doch bei der sich gerade zuspitzenden militärischen Konfrontation zwischen Russland und dem Westen gerät dieser Winkel der Erde in den Blick von Offizieren und Politikern. Auch hier habe Russlands Angriff auf die Ukraine eine neue Ära eingeleitet, schreibt der norwegische Politikwissenschaftler Paal Sigurd Hilde in einem Arbeitspapier der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS). Die dem Verteidigungsministerium unterstellte BAKS ist die zentrale Weiterbildungsstätte der Bundesregierung für Sicherheitspolitik. Der Autor Paal Sigurd Hilde wiederum ist Dozent am Norwegischen Institut für Verteidigungsstudien, das von der Armee des Landes betrieben wird.

Bundesakademie für Sicherheitspolitik sieht geringe Auswirkungen des Ukrainekrieges auf die Arktis

„Während die Auswirkungen auf die Sicherheit in der Arktis vermutlich begrenzt sein werden – sogar mit dem Nato-Beitritt von Finnland und Schweden – hat der (Ukraine-)Krieg die Zusammenarbeit mit Russland in den Tiefkühlschrank gesteckt“, schreibt Hilde in seinem Papier. Eine zentrale Herausforderung für westliche Staaten bestehe darin, die wichtigen Vereinbarungen mit Russland zu bewahren, ohne internationale Ächtung von Putins Staat aufzuweichen.

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Hilde geht davon aus, dass der Ukrainekrieg und die Sanktion Russland sowohl militärisch wie wirtschaftlich stark schwächen werden. Ein militärisch schwaches Russland werde jedoch verstärkt auf nukleare Abschreckung setzen. Deshalb würden die mit Interkontinentalraketen bewaffneten Unterseeboote in der Barentssee wichtiger werden.

Ein mit Schnee und Eis bedecktes russisches U-Boot der Typhoon-Klasse. Solche mit Atomwaffen ausgerüsteten U-Boote sind in der Barentssee beheimatet. Die Bedeutung dieser Waffensysteme wird für ein geschwächtes Russland steigen, prognostiziert eine aktuelle Studie. Foto: Bellona foundation

Die Sowjetunion hatte in den 1970er-Jahren damit begonnen, ihre für den Fall eines Atomkrieges als Zweitschlagswaffen vorgesehenen U-Boote in der Barentssee zu konzentrieren. Dieses Nebenmeer des Arktischen Ozeans wäre im Kriegsfall gegen die See- und Luftstreitkräfte der Nato relativ leicht zu verteidigen.

Ein militärisch schwaches Russland wird verstärkt auf Atom-U-Boote setzen

Hilde zufolge hätte die größere Bedeutung der Atom-U-Boote für Russland zwei Konsequenzen: Erstens würde Russland seine Randgebiete zur Arktis aufrüsten, um die U-Boote und ihre Häfen zu schützen. Wegen des finnischen Nato-Beitritts gelte dies besonders für die Verteidigung der Eisenbahnlinie von St. Petersburg nach Murmansk. Sie versorgt die Kolahalbinsel mit Menschen und Material, auf der sich die Marine- und Marineflieger-Stützpunkte der Nordmeerflotte befinden. Die Trasse läuft parallel zur lang gezogenen finnisch-russischen Grenze und wäre im Kriegsfall durch Nato-Angriffe leicht zu unterbrechen.

Die Eisenbahnlinie zur für Russland militärisch wichtigen Halbinsel Kola verläuft entlang der finnischen Grenze. Im Kriegsfall wäre sie von der Nato leicht zu unterbrechen. Das Foto zeigt eine gemeinsame Übung von finnischen Soldaten und U. S. Marines im August 2022. Foto: U.S. Marine Corps photo by Cpl. Yvonna Guyette

Zweitens würde ein geschwächtes Russland empfindlicher werden für das Auftauchen von Nato-Verbänden in der Region. „Ein verletzter Bär könnte aggressiver reagieren, um die Kronjuwelen seiner nationalen Sicherheit zu verteidigen“, warnt Hilde in seiner Studie. In den vergangenen Jahren hätten die Seestreitkräfte der USA und Großbritanniens sowie weitreichende Bomber der U. S. Air Force immer wieder nahe der Kolahalbinsel operiert. Es habe sogar Spekulationen gegeben, die Schiffe der Royal Navy und der U. S. Navy könnten über die Nordwestpassage vom Atlantik in den Pazifik fahren, um das sogenannte „Recht der freien Durchfahrt“ in internationalen Gewässern zu demonstrieren. Politikwissenschaftler Hilde rät in der aktuellen Situation zu einem sehr überlegten Verhalten: „Alliierte Vorsicht sollte nicht als Zugeständnis interpretiert werden, als Nachgeben, sondern als sensibles Eskalationsmanagement.“

Bundesregierung soll für Einhalten des Pariser Klimaabkommens in der Arktis eintreten

Auch Ratschläge für die Bundesregierung enthält die Studie des norwegischen Politikwissenschaftlers. So solle Deutschland internationale Bemühungen mit direkten und indirekten Auswirkungen auf die Arktis vorantreiben. Dazu gehörten das Pariser Klimaabkommen, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und der sogenannte Polar Code der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation, der Sicherheits- und Umweltstandards für die Region definiert. Diese Aktivitäten fänden laut Hilde in einem Rahmen statt, der Russland nicht ausschließe, in dem das Land aber nur ein Partner unter vielen sei.

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Ein weiteres Potenzial für deutsche Initiativen sieht Hilde bei internationalen Forschungsaktivitäten, etwa in der European Space Agency (ESA). Denn Satelliten seien unverzichtbare Werkzeuge sowohl für die Sicherheit wie für die Erforschung in der unzugänglichen Region.

Hilde schließt mit einem Appell: „Obwohl der Ukrainekrieg die Beziehungen mit Russland ins Tiefkühlfach gesteckt hat, sollten weder die Anrainer noch die Nichtanrainer der Arktis ihr Engagement in der Region einfrieren.“ Denn die fortgesetzte Zusammenarbeit in der Arktis könne eines Tages wichtig werden, um sich Russland anzunähern.

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