Bauwirtschaft 04. Jan 2024 Von Dominik Hochwarth Lesezeit: ca. 3 Minuten

Ifo Institut erwartet für 2024 verschärfte Wohnungsbaukrise

Die Mieten steigen und in den Städten fehlen Wohnungen, die Bundesregierung wollte daher den Wohnungsbau ankurbeln. Davon ist nichts zu spüren, eher im Gegenteil. Es scheint auch für 2024 kein Ende des Negativtrends in Sicht.

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Dem Wohnungsbau stehen auch 2024 schwierige Zeiten bevor.
Foto: PantherMedia / ichzigo

Ökonomen und die Baubranche prognostizieren für das kommende Jahr einen weiteren Rückgang im Wohnungsbau. Das Ifo Institut aus München geht davon aus, dass 2024 etwa 225 000 Wohnungen fertiggestellt werden, was einen Rückgang von 45 000 Einheiten im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Diese Einschätzung teilen auch die führenden Branchenverbände – der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, obwohl ihre jeweiligen Prognosen leicht voneinander abweichen.

So wenig Einfamilienhäuser wie seit 15 Jahren nicht

Laut Ludwig Dorffmeister, Ökonom am Ifo Institut, wird für 2024 mit einem neuen Tiefstwert von 70 000 fertiggestellten Ein- und Zweifamilienhäusern gerechnet. Dies ist der niedrigste Stand seit 2009. Der Mehrfamilienhausbau zeigt sich mit geschätzten 125 000 neu errichteten Wohneinheiten widerstandsfähiger. Im Vergleich dazu wurden 2023 laut Ifo-Schätzungen etwa 25 000 Wohnungen mehr in Mehrfamilienhäusern gebaut.

Weiterhin prognostiziert das Ifo Institut, dass 2024 zusätzlich 30 000 Wohnungen in bestehenden Gebäuden und Nichtwohngebäuden entstehen könnten. Dies würde insgesamt die von Dorffmeister angeführten 225 000 Wohnungen ergeben.

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Die DZ Bank, Zentralinstitut der deutschen Genossenschaftsbanken, erwartet eine Beschleunigung des Abwärtstrends. Ihrer jüngsten Prognose zufolge könnten die jährlichen Fertigstellungen bis 2025 auf 200 000 Wohnungen sinken.

Das politische Ziel der Bundesregierung, jährlich 400 000 neue Wohnungen zu schaffen, wurde schon in besseren Zeiten von vielen Experten als ambitioniert angesehen und erscheint unter den aktuellen Umständen als unerreichbar.

Bauindustrie schaut ebenfalls pessimistisch auf das neue Jahr

Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrie-Verbands, äußert ebenfalls Bedenken hinsichtlich der Wohnungsbauentwicklung im kommenden Jahr. Demnach rechnet die Branche nach 250 000 fertiggestellten Wohnungen im Vorjahr mit einem Rückgang für 2024. Der Verband vertritt hauptsächlich größere Firmen.

Der Zentralverband des Baugewerbes, der insbesondere die mittelständischen Bauunternehmen vertritt, ist ähnlich pessimistisch. Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa prognostiziert für das Bauhauptgewerbe 2024 einen Umsatzrückgang um 13 % und einen weiteren Rückgang auf 235 000 neue Wohnungen.

Das DIW Berlin ist in einem Gutachten für den Bund weniger pessimistisch. Es erwartet einen geringfügigen Rückgang von 270 000 auf 265 000 neue Wohnungen.

Eine selbstständige Erholung des Wohnungsmarktes in den nächsten Jahren wird jedoch nicht erwartet. Laut Pakleppa ist ohne signifikante Änderungen in der Wohnungsbaupolitik wie verbesserte Förder- und Abschreibungsbedingungen sowie einfachere Bauvorgaben selbst die Realisierung von 200 000 Wohnungen im Jahr 2025 unwahrscheinlich.

Was sind die Ursachen für die Krise?

Seit 2020 haben nicht nur die Baukosten selbst, sondern auch die Kreditzinsen deutlich zugenommen. Zudem haben die Schwankungen in den Bundesförderprogrammen der letzten Jahre sowie die jüngsten Haushaltskürzungen der Ampelkoalition die Situation verschärft. Baufirmen und Fachleute beklagen zudem die zunehmende Bürokratie und die Verschärfung der Bauvorschriften.

In den Städten besteht ein hoher Bedarf an Wohnraum. Obwohl die Immobilienpreise im letzten Jahr gefallen sind, sind die Mieten vielerorts gestiegen. „Die aktuellen Haushaltsquerelen machen die Rahmenbedingungen auch nicht günstiger“, erklärt Ifo-Baufachmann Dorffmeister. „Speziell der Wohnungsneubau hat aber zuletzt sowieso kaum noch von öffentlichen Geldern profitiert.“

Drei Monate nach dem Wohnungsbaugipfel im Kanzleramt wurden laut Bauindustrie-Hauptgeschäftsführer Müller alle als Konjunkturimpuls gedachten Maßnahmen gestoppt oder auf Eis gelegt. Er kritisiert die Bundesregierung: „Es fehlt auch eine klare Perspektive für die kommenden Jahre, weshalb die Unsicherheit am Markt immens ist.“

Geringe Auslastung: Stellenabbau droht

Die Auslastung der Hochbaufirmen lag laut einer Ifo-Umfrage im Dezember saisonbereinigt bei etwa 66 %, dem niedrigsten Stand seit dem Frühjahr 2010. „Die Saisonbereinigung für einzelne winterliche Monate funktioniert sicherlich nicht immer einwandfrei. Der Dezemberwert fügt sich aber gut in die 2023 beobachtete Abwärtstendenz ein“, erläutert Dorffmeister.

Platte 2.0: Warum sich Gebäude in Fertigbauweise rechnen

In der Baubranche droht ein Personalabbau. „Schon jetzt ist es bittere Realität, dass jedes zweite Unternehmen im Wohnungsbau unter Auftragsmangel leidet“, stellt Müller fest. „Angesichts dieser Entwicklung werden wir 2024 erstmalig seit 2008 in unserer Branche einen Rückgang der Beschäftigung erleben.“

Im Baugewerbe mehren sich Warnungen: Einmal abgebautes Personal erschwert bei einer Erholung des Wohnungsbaus eine Steigerung der Kapazitäten. „Jetzt muss es darum gehen, einen massiven Absturz zu verhindern, der für die Wohnungsbaubranche, aber auch für den sozialen Zusammenhalt dramatisch wäre“, betont Bauindustrie-Hauptgeschäftsführer Müller. (dpa/hoc)

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