PHYSIK 08. Jul 2019 Silvia von der Weiden Lesezeit: ca. 3 Minuten

Blitzableiter

Blitze sind verantwortlich für Millionenschäden. Laserstrahlen könnten sie in berechenbare Bahnen leiten und so sensible Anlagen schützen.

Hohe Gebäude sind ein häufiges Ziel für Blitze. Zusätzlich betroffen sind Anlagen für die Mobilfunkversorgung, Sendeanlagen für Radio und TV, Windkraftanlagen und die Flugsicherheit.
Foto: panthermedia.net/jovannig

Mehr als 2 Mio. Blitze entladen sich im Durchschnitt pro Jahr über Deutschland – und verursachen erhebliche Schäden. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zahlten die Versicherer 2016 rund 210 Mio. € für insgesamt 300 000 Blitz- und Überspannungsschäden.

Kein Wunder, denn die mit einem Blitzeinschlag freigesetzte Energie ist gewaltig und kann im Umkreis vieler Kilometer elektronische Anlagen zerstören. Innerhalb einer Zehntelsekunde fließen Stromstärken von mehreren Zehntausend Ampere. Elektrische Spannungen von einigen Millionen Volt und starke Magnetfelder bauen sich auf.

Im Blitzkanal heizt sich die Luft auf einige Zehntausend Grad auf und entlädt sich mit einem lauten Überschallknall, dem Donner. Weil die elektrische Entladung den kürzesten Weg zur Erde nimmt, sind hohe Gebäude ein häufiges Ziel für Blitze. Oft betroffen sind Anlagen für die Mobilfunkversorgung, Sendeanlagen für Radio und TV, Windkraftanlagen und die Flugsicherheit.

Was genau bei einem Blitzschlag passiert und wie sich elektronische Geräte und Anlagen optimal gegen Blitzschäden auslegen lassen, soll das Forschungsprojekt „Blitzstrommessungen am Fernmeldeturm Hohenpeißenberg“ klären. Rund 936 m ragt der Berg etwa 60 km südwestlich von München auf. Am Gipfel stehen ein 159 m hoher Sendemast und eine Forschungsstation, die von der Telekom-Tochter Deutsche Funkturm GmbH und der Universität der Bundeswehr München betrieben wird.

An der Spitze des Sendemastes haben Forscher eine Fangvorrichtung aus Metallspitzen montiert, die zusätzlich Blitze anziehen soll. Mit einer Hochgeschwindigkeitskamera, die bis zu 5000 Bilder pro Sekunde liefert, und speziell gesicherter Messelektronik werden die Blitzeinschläge in allen Entwicklungsstadien aufgezeichnet. Dabei stellten sich bereits Entladungen mit bis zu 70 000 A als Spitzenreiter heraus.

„Jeder Blitz ist anders“, weiß Christian Paul. Der Ingenieur am Institut für elektrische Energieversorgung der Universität der Bundeswehr erforscht das Verhalten von Blitzen und nutzt dazu die Messtechnik am Hohenpeißenberg. Die hat ein seltsames Phänomen ans Licht gefördert: Blitze wachsen manchmal in den Himmel. Nötig sind dafür spezielle Voraussetzungen, erklärt Paul: „So etwas ist typisch für Gebäude über 100 m Höhe.“

Statt von der Gewitterwolke zur Erde nimmt die Entladung den umgekehrten Weg. Zwar baut sich in der elektrisch aufgeladenen Wolke zunächst ein Blitzkanal auf, der runterstrebt. Zur Entladung kommt es aber erst, wenn dem Blitzkanal von der Spitze des Sendemastes eine „Fangentladung“ entgegenwächst. Bei der Vereinigung entlädt sich der Blitz dann von unten in die Höhe.

Solche Entladungen sind gefürchtet, da sie über recht lange Zeit fließen und oft nicht leuchten. Sie können deshalb auch nicht durch übliche Blitzortungssysteme erfasst werden, was wiederum die Prognose und Vorwarnung erschwert.

Brenzlig wird das für Windkraftanlagen. Sie bestehen großenteils aus leichten Kohlefaserverbundstoffen. Weil das Material ein schlechter elektrischer Leiter ist, kann die Energie von Blitzen nur unzureichend in den Boden abfließen. „Schlägt der Blitz in ein Windrad ein und es ist nicht ausreichend gesichert, brennt es einfach ab“, sagt der Forscher. Die Messergebnisse sind deshalb wichtig für viele internationale und nationale Normen wie die Deutsche DIN-Normung.

Große Zerstörungskraft entfalten Blitzströme, weil sie oft aus zwei völlig unterschiedlichen Stromkomponenten bestehen. Während der sogenannte Langzeitstrom nur einige 100 A beträgt und Zehntelsekunden dauert, begleiten ihn Stoßströme, die 100-mal stärker und kürzer sind. Dabei wurden schon Spitzenwerte von 200 000 A gemessen.

Für den Luftverkehr stellt die Unberechenbarkeit der Naturkräfte ein Problem dar. Statistisch wird jedes Flugzeug pro Jahr einmal vom Blitz getroffen. Das geht meist ohne große Schäden ab, weil moderne Maschinen gut gegen Blitzschläge gesichert sind. „Aber nach einem Blitzschlag muss ein Flugzeug gewartet und manchmal auch repariert werden. Das kostet die Fluggesellschaften viel Geld“, sagt Jean-Pierre Wolf, Physiker an der Uni Genf.

Blitze kontrolliert vom Himmel zu holen und so das Gefahrenpotenzial zu entschärfen, ginge das? Genau das erforscht der Wissenschaftler im EU-Projekt „Laser lightning rod“ zusammen mit Partnern unter anderem aus der europäischen Luft- und Raumfahrtbranche.

Laser als Blitzableiter, so die Vision, sollen die Risiken von Blitzeinschlägen in Flughafennähe reduzieren. Dazu experimentieren die Forscher mit speziellen Infrarotlasern, die ihre Energie von einigen Terawatt in extrem kurzen Pulsen in gewitterschwangere Wolken jagen.

Die Hochenergiepulse sollen die Luftmoleküle ionisieren und so eine quasi mehrere Hundert Meter lange Leiterbahn vorprägen, entlang der es dann zur kontrollierten Entladung kommt. Ein solches Laserschild könnte neben Flughäfen auch Weltraumbahnhöfe, Kraftwerke oder Rechenanlagen vor fatalen Blitzschlägen schützen. Den Ansatz wollen die Forscher im kommenden Jahr in einem ersten Freilandversuch testen.

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