Freizeittipp für den Museumsbesuch 02. Mrz 2023 Von Martina Schneiders Lesezeit: ca. 4 Minuten

Otl Aicher schuf mehr als den Olympiadackel und Piktogramme für den Toilettengang

Der Designer Otl Aicher wurde durch die Gestaltung der Olympischen Spiele in München 1972 berühmt. Eine Ausstellung in Lüdenscheid würdigt sein Lebenswerk.

Dackel „Waldi“, das Maskottchen der Olympischen Sommerspiele 1972, dürfte die bekannteste Designarbeit Otl Aichers sein. Auch bei Waldi dominiert der von Aicher bevorzugte helle Blauton.
Foto: dpa picture alliance / Sueddeutsche Zeitung Photo/Alessandra Schellnegger

Jeder Mensch, egal welche Sprache er spricht, egal welcher Kultur er angehört, kann Otl Aichers Zeichen, seine Piktogramme, verstehen. Sie weisen uns den Weg zur Toilette, zum Bahnhof oder zur Sportarena. Jedes Zeichen ist ein visuelles Esperanto und damit eines der prägnantesten Beispiele der visuellen Kommunikation.

Schnörkellose Formen, Klarheit und Eindeutigkeit, die keinen Raum für Manipulationen oder Interpretationen bieten, waren die Leitlinien in Otl Aichers Werk. Künstlerische Individualität und die Überhöhung zum Genius waren ihm so zuwider, dass er diese Regungen in sich konsequent bekämpfte. 1922 in Ulm geboren, war er geprägt vom Widerstand gegen die Nationalsozialisten. Seinen Jugendfreunden Sophie und Hans Scholl kostete der Widerstand das Leben. Er selbst wurde verhaftet, weil er sich weigerte, Hitlerjunge zu werden, und als junger Soldat desertierte er Anfang 1945, weil er an die Ostfront versetzt werden sollte.

Otl Aicher verzichtete auf das Studium an der Akademie der Künste in München

Aichers späte Aussage, sein ganzes Leben sei ein „Andenken“ gegen Hitler gewesen, hat die Kuratorin der Ausstellung in Lüdenscheid, Susanne Conzen, beeindruckt. Sich denkend aufzulehnen kennzeichnet schon Aichers gestalterische Anfänge in Ulm. Die Bildhauerklasse der konservativen Akademie der bildenden Künste in München hatte er fluchtartig verlassen. Für neues Denken und Gestalten nicht nur von Gegenständen, sondern auch von Gesellschaft fand Aicher dort kein Gehör.

Mit Generalstreik gegen die Ruhrbesetzung

Statt zu studieren, gründete er 1946 mit Inge Scholl, der Schwester seiner hingerichteten Freunde, die Volkshochschule (VHS) Ulm. Vorträge zur Literatur z. B. von Walter Jens oder der religionsphilosophische Vortrag „Wahrheit und Lüge“ von Romano Guardini prägten das Programm. Otl Aicher entwarf dazu die Plakate, die entweder aus einem oder einem doppelten Quadrat bestanden und die Botschaft visualisierten: „Für das Plakat zum Vortrag ‚Wie soll man Bilder sehen?‘ entwickelte er ein Symbol, um ein Bild anzuschauen. Wir sehen ein Auge, das sich in eine Richtung verjüngt und zu einem Pfeil wird. Also, die Sicht auf etwas zeigt. Gedanken visuell umzusetzen, das ist es, was Aicher sein ganzes Leben lang gemacht hat“, erläutert Susanne Conzen.

Otl Aicher gründete die HfG Ulm

Doch Aicher will mehr, er will eine Denkschule der Gestaltung: 1953 gründet er gemeinsam mit Inge Scholl, die er inzwischen geheiratet hat, und dem Schweizer Künstler, Gestalter und Bauhaus-Schüler Max Bill die Hochschule für Gestaltung (HfG) in Ulm. Sie wurde in den 15 Jahren ihres Bestehens für die deutsche Nachkriegsindustrie zur Ideenschmiede für Design. Der Kronberger Elektronikkonzern Braun holte sich die gestalterische Kompetenz der Ulmer, ebenso wie die Kunststoffgießerei Helit aus Lüdenscheid oder die Deutsche Lufthansa, die ihr Logo von Aicher überarbeiten ließ.

Otl Aicher war bekannt dafür, bei Designaufträgen von Unternehmen deren Erscheinungsbild komplett umzukrempeln. Foto: picture-alliance / dpa/Interfoto

Und weil Aicher immer ganz oder gar nicht für einen Auftraggeber arbeitete, wurden auch sämtliche Broschüren – von Speisekarten bis zu Prospekten – in seine Hände gegeben. Sogar das Bordgeschirr der Lufthansa wurde vom Team Aicher an der HfG neu gestaltet.

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