Digitale Fabrik 31. Mrz 2023 Von Martin Ciupek Lesezeit: ca. 3 Minuten

Ventile ohne Sensor sanft steuern

Magnetventile sind vielfach zuverlässig im Einsatz, schalten aber üblicherweise schlagartig. Mit einem neuen Verfahren könnte sich das ändern.

Ventile und Schließvorrichtungen ohne zusätzliche Sensoren frei anzusteuern, wird unter anderm durch diesen Mikrochip möglich. Niklas König forscht im Rahmen seiner Doktorarbeit am Institut für Antriebstechnik der Universität des Saarlandes an diesem Verfahren.
Foto: Oliver Dietze

Millionenfach kommen Magnetventile weltweit zum Einsatz. Sie übernehmen wichtige Funktionen in automatischen Schließsystemen für Türen, in Geschirrspülern, Heizungs- und Druckluftanlagen oder in der industriellen Produktion. Dabei arbeiten sie schnell und zuverlässig, haben aber auch einen Nachteil. Sie schalten standardmäßig sehr hart zwischen den beiden Positionen „auf“ und „zu“. Ist es erforderlich, etwas langsam zu bewegen, zwischen verschiedenen Verfahrgeschwindigkeiten wählen zu können oder eine bestimmte Stellung zu halten, sind meist zusätzliche Sensoren nötig. Das macht die Lösung teurer. Zudem wird dafür Platz benötigt, auch für den damit verbundenen Kabelaufwand. Auch beim Energieverbrauch schneidet die Kombination aus Magnetventil und Sensor schlecht ab, gerade wenn sie als Schließvorrichtung eine Stellung halten soll – beispielsweise bei einer Brandschutztür. Weil dann mitunter permanent Strom benötigt wird, summiert sich der Verbrauch.

Schließvorrichtungen völlig ohne zusätzliche Sensoren frei ansteuern

Ventile und Schließvorrichtungen völlig ohne zusätzliche Sensoren frei anzusteuern, das soll nun durch ein neues Verfahren möglich werden, welches Forschende der Universität des Saarlandes auf der Hannover Messe vom 17. bis 21. April vorstellen werden. Sie nutzen dazu einen Metallkolben, einen winzigen Chip und kleine Stromimpulse. Der Kolben bewegt sich damit nach Belieben stufenlos langsam oder schnell hin und her, hält jede Stellung und landet auf Wunsch sanft am Anschlag. Die patentierte Ansteuerung braucht laut dem Entwicklungsteam wenig Energie und kann über einen eigens entwickelten Chip in Systeme integriert werden.

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Entwickelt wurde das nachhaltige Verfahren von einer auf Antriebstechnik spezialisierten Forschungsgruppe um Matthias Nienhaus. Vor allem bei Systemen, die permanent Strom brauchen, um eine Position wie „auf“ oder „zu“ zu halten, kann es nach deren Einschätzung den Energiebedarf minimieren. Entscheidend für die Funktion sind ein magnetisch leitfähiger Metallbolzen in einer Spule aus gewickeltem Kupferdraht und ein kleiner Mikrochip: „Wir brauchen nichts Zusätzliches. Wir nutzen nur die Originalkomponenten eines einfachen Hubmagneten“, erklärt Nienhaus. Das mache die Technologie auch in rauer Umgebung einsatzfähig. „Hier kommen Systeme, die auf Sensoren angewiesen sind, oft an ihre Grenzen, etwa wenn Öl oder Bremsflüssigkeiten ins Spiel kommen“, sagt der Antriebstechniker.

Elektrischer Strom zeigt Position des Kolbens

Indem sie den Strom überwachen, der durch die Spule fließt, um den Ventilkolben zu bewegen, erkennen die Saarbrücker Forscher die Lage des Kolbens. Damit können sie diesen schnell und zielsicher ansteuern. Niklas König verdeutlicht das Prinzip: „Wir überwachen hierfür die Induktivität. Dafür nutzen wir den zeitlichen Stromverlauf in der Wicklung, das heißt: Wir messen Spannung und Strom, schauen uns Schwankungen über einen bestimmten Zeitraum an, werten diese aus und beobachten darüber den magnetischen Zustand.“ König hat im Rahmen seiner Doktorarbeit bei Nienhaus an diesem Verfahren forscht.

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Je nachdem, wo sich der Kolben gerade befindet, verändert sich der magnetische Zustand und damit die Stromschwankungen. „Dadurch wissen wir immer genau, wo er steht. Diese Lageerkennung macht es uns gleichzeitig möglich, den Bolzen effektiv und positionsgenau anzusteuern“, erklärt König. Für die Antriebstechniker bedeutet das: Sie können den Kolben nach Belieben langsam oder sehr schnell bewegen – oder nach einer schnellen Bewegung kurz vor dem Anschlag sanft abbremsen. Dafür haben die Forscher Bewegungsabläufe modelliert und können mithilfe intelligenter Algorithmen die Kolbenstellungen individuell programmieren. Damit lässt sich auch überwachen, ob eine bestimmte Stellung des Bolzens eingehalten wird. Für Sicherheitsfunktionen kann es beispielsweise wichtig sein, ob das Ventil auch wirklich zu ist. Das alles erweitert die möglichen Anwendungsbereiche der Technik.

Niedriger Strombedarf ist vor allem für batterieelektrische Lösungen ein Vorteil

Nienhaus freut sich über die kompakte Lösung: „Unsere Technologie funktioniert aus einem Guss samt der dazu gehörenden Mikroelektronik.“ Der Chip, den sie entwickelt haben, enthalte die gesamte patentierte Technologie und übernehme zentrale Teile der Ansteuerung. Er lasse sich leicht einbauen und habe einen relativ geringen Strombedarf. Gerade bei batteriebetriebenen Systemen ist das für den Wissenschaftler ein wichtiges Argument. „Während bei ungeregelten Systemen etwa das Halten eines Zustands permanent Bestromung bedeutet, was auch Akkus und Batterien schnell entleert, genügt hier für die richtige Stellung ein Stromimpuls. Für das Halten selbst benötigen wir nur minimale Energie“, erläutert er. Bei der Entwicklung des Mikrochips arbeiteten die Forscher mit dem Fraunhofer-Institut für mikroelektronische Schaltungen (IMS) in Duisburg zusammen. Das Forschungsprojekt wurde vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert.

Auf der Hannover Messe (Halle 002, Stand B34) wollen die Ingenieure von der Universität des Saarlandes ihr Verfahren im Einsatz vorstellen. Sie demonstrieren dessen Präzision und Dynamik, indem sie eine schwebende Stahlkugel so ansteuern, dass sie nach Belieben auf und ab schwebt: nur mit Stromsteuersignalen, ohne zusätzliche Sensoren.

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